Teilzeitarbeit
Teilzeitarbeit in der Tierarztpraxis
Gründe für Teilzeitarbeit sind vielfältig
Auf Arbeitgeberseite:
Aus Kostengründen wird keine Vollzeitstelle angeboten. Mit Teilzeitkräften sollen Arbeitsspitzen bewältigt werden. Unliebsame Routine- oder Massentätigkeiten werden delegiert.
Auf Arbeitnehmerseite:
Erzwungenermaßen aufgrund fehlender Vereinbarkeit von Beruf und Familie, fehlender Kinderbetreuungsmöglichkeiten oder der Pflege Angehöriger wählt ein Arbeitnehmer die Teilzeitanstellung.
Des Weiteren sind gesundheitliche Gründe zu benennen. Dazu zählen physische, z.B. Rückenprobleme, als auch psychische Ursachen, z.B. nach einem Burn-out der Selbstschutz vor Überlastung durch Multitasking, Verdichtung und Fragmentierung der Arbeit.
Ferner gibt es zudem zahlreiche freiwillige Gründe zu nennen, wie die Anfertigung einer Dissertation neben der Arbeit, persönliche Prioritäten (Work-Life-Balance) oder ein zweites Standbein (anderweitige bezahlte oder ehrenamtliche Tätigkeit oder Selbständigkeit).
Als rechtliche Aspekte gibt es folgende zu berücksichtigen. In Betrieben mit mehr als 15 Mitarbeitern haben Beschäftigte, die mehr als sechs Monate in dem Betrieb arbeiten, Anspruch auf Teilzeitarbeit. Ein Rechtsanspruch auf Rückkehr in eine Vollzeitbeschäftigung besteht dagegen nicht.
Für die Elternzeit gelten Sonderregelungen des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes.
Diskriminierungsverbot
Nach § 4 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes besteht ein Benachteiligungs- und Diskriminierungsverbot. Ein Teilzeitmitarbeiter darf anteilig nicht schlechter bezahlt werden, dass betrifft auch Gratifikationen, Weihnachts- und Urlaubsgeld. Dasselbe gilt für Aufstiegs- und Qualifizierungsmaßnahmen.
Ansehen in Teilzeitarbeit
Trotz rechtlicher Grundlagen und des hohen Anteils an Teilzeitarbeit, besonders unter Frauen auch in der tierärztlichen Praxis, ist das Ansehen (besonders unter Arbeitgebern) gering.
Obwohl Teilzeitkräften selten direkt „Faulheit“ unterstellt wird, sind abwertende Bemerkungen häufig: „Die spielt ja lieber nachmittags mit ihren Kindern“ oder „Ich halte hier Tag und Nacht die Stellung und meine Angestellten gehen mittags nach Hause“, sind Statements der Chefseite, die geäußert werden.
Beim Arbeitnehmer führt diese mangelnde Wertschätzung häufig zu Schuldgefühlen und Demotivation. Infolgedessen wird die eigene Arbeit weniger gut bewertet, was sich bei Gehaltsverhandlungen negativ auswirkt.
Die Entscheidung Voll- oder Teilzeit zu arbeiten, kann nur jeder für sich persönlich treffen. Ob darunter 20 oder 35 Stunden pro Woche zu verstehen sind, ist individuell unterschiedlich.
Dokumentation des Arbeitspensums
Wie viele Stunden an welchen Tagen der Woche gearbeitet werden, sollte immer eindeutig geregelt sein. Die Dokumentationspflicht über geleistete Arbeitszeiten liegt beim Arbeitgeber, sollte aber im eigenen Interesse überprüft werden. Stellt sich heraus, dass nur die Bezahlung, nicht aber die tatsächliche Arbeitszeit einer Teilzeitstelle entspricht, gilt es, dies zeitnah anzusprechen und zu korrigieren.
Weiterentwicklungsmöglichkeiten
Zur Karrierefalle wird eine Teilzeitstelle, wenn Fortbildungen nicht unterstützt werden, ausschließlich unliebsame Routinetätigkeiten zu verrichten sind und keine Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeiten angeboten werden.
Finanzielle Motivation
Unbedingt zu bedenken ist, dass bei Teilzeitarbeit der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung bzw. zur Tierärzteversorgung geringer ist und eine zusätzliche Absicherung zum Schutz vor Altersarmut nötig sein kann.
Daher kann eine Vollzeitstelle mit besserer Bezahlung, Aufstiegsmöglichkeiten und höheren Rentenbeiträgen aus finanzieller Sicht die bessere Alternative sein, selbst wenn die Kinderbetreuung teilweise privat finanziert werden muss.
Der BaT tritt dafür ein, dass Männern und Frauen der gleiche Lohn für gleiche Arbeit gezahlt wird und Teilzeitarbeit, egal aus welchem Grund, akzeptiert und anteilig vollwertig entlohnt wird. Auch in Teilzeitarbeit muss eine berufliche Karriere ermöglicht werden.
Etablierung neuer Arbeitszeitmodelle
Ein Umdenken ist hier dringend erforderlich. 60- Stundenwochen sollten der Vergangenheit angehören und nicht länger als besonders produktiv glorifiziert werden.
Andere Arbeitszeitmodelle müssen etabliert werden. So ist in Kliniken durchaus ein Schicht-Dienst mit Arbeitszeiten von acht Stunden möglich, statt eines kompletten Arbeitstags mit anschließendem Bereitschaftsdienst. Arbeitszeitkonten sind ein weiteres Beispiel für die Möglichkeit Arbeitszeit zu flexibilisieren.
Laut Dr. Andreas Hoff, „Arbeitszeit-Papst“ und Unternehmensberater aus Berlin, bietet Teilzeitarbeit viele Vorteile, unter der Voraussetzung, dass Führungskräfte sich nicht zu sehr einmischen und die Zusammensetzung des Teams passt.
Nach einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) sind Teilzeitkräfte produktiver und motivierter, wenn sie die Entscheidung für geringere Arbeitszeiten selbst getroffen haben.
Literatur, weiterführende Informationen:
Asgodom, Sabine: „Leben macht die Arbeit süss“
Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz: https://www.bmfsfj.de/
DGB-Bestellservice „Teilzeit als Option der Lebenszeitgestaltung“
Dr. Andreas Hoff: https://arbeitszeitsysteme.com/
IAB = Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung
Teilzeit- und Befristungsgesetz
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