Mythen rund um den Tarifvertrag
Die Notdienstversorgung in der Tiermedizin steckt in der Krise. Der Bund angestellter Tierärzte e.V. setzt sich für die Einführung von Tarifverträgen ein, die Abweichungen vom Arbeitszeitgesetz für angestellte Tierärzt:innen erlauben, und die Fixierung von klaren Regelungen (z.B. zu fairen Gehältern, Zuschüssen, Urlaubstagen) und Arbeitsbedingungen ermöglichen. Einige Mythen, die sich hartnäckig zum Thema Tarifvertrag halten, werden in diesem Artikel aufgeklärt.
Ein Tarifvertrag nützt nur den Angestellten
Das ist nicht korrekt! Ein Tarifvertrag nützt beiden Seiten – die AG-Seite kann wegen des festgelegten Tabellenentgelts genau kalkulieren, welche finanziellen Aufwendungen für das Personal benötigt werden. Außerdem kann der Notdienst mit längeren Schichten, kürzeren Ruhezeiten und somit weniger Personal geplant werden. Für beide Seiten entfallen zeitintensive, unbeliebte Gehaltsverhandlungen. Die Angestellten wissen ebenfalls genau, welches Gehalt sie in welchem Berufsjahr verdienen werden und welche Zuschläge sie für ihre Notdiensteinsätze erhalten.
Wenn ein Tarifvertrag abgeschlossen wird, gilt er automatisch für die gesamte Tiermedizin, also alle Kliniken und Praxen – das ist für unsere heterogenen Praxisstrukturen unrealistisch.
Das stimmt so nicht! Ein Tarifvertrag gilt nur für die Einheiten, deren Inhaber:innen Mitglied des tarifschließenden AG-Verbandes sind, für einzelne tarifgebundene Arbeitgeber sowie grundsätzlich für Mitglieder des BaT. Wenn z.B. mehrere Kleintierkliniken feststellen, dass die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes für eine sinnvolle (Not-)Dienstplanung zu starr sind und längere Schichten und/oder kürzere Ruhezeiten praktisch wären – dann können diese AG einen Verband gründen und mit dem BaT einen TV abschließen, der genau das ermöglicht. Die Vorteile betreffen dann die tarifgebundenen Mitglieder beider Seiten, somit macht es Sinn, dass dann auch alle Arbeitnehmenden Mitglied im Bund angestellter Tierärzte e.V. werden.
Die Angestellten werden dann andauernd streiken
Natürlich nicht! Ein Streik ist das allerletzte Mittel, um unerfüllte Forderungen der Arbeitnehmenden durchzusetzen. Einen Streik zu organisieren, kostet viel Energie und Zeit. Vor einem Streik stehen viele Verhandlungen, die auf Augenhöhe geführt werden.
Ein TV ist total starr, wir brauchen Flexibilität in den Arbeitszeiten
Ein Tarifvertrag ermöglicht genau das: eine Flexibilisierung der Arbeitszeit! Das Arbeitszeitgesetz ist starr, weil eine Arbeitsschicht höchstens 10 Stunden lang sein und die Ruhezeit von 11 Stunden nicht unterschritten werden darf. In einem Tarifvertrag können 12- oder 13-Stunden-Schichten ermöglicht werden, 24-stündige Bereitschaftsdienste oder 48-stündige Rufbereitschaften. Und das sind nur drei Beispiele für die Möglichkeiten, die ein TV bietet! Und noch ein Vorteil — ein Tarifvertrag gilt ab dem Zeitpunkt der Unterzeichnung, eine Vorlage beim Gesetzgeber oder Ähnliches ist nicht nötig. Eine Gesetzesänderung zur Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes, wie sie wiederholt vom bpt gefordert wird, kann sehr lange dauern und wird von der aktuellen Regierung abgelehnt.
Der Tarifvertrag und damit die Ausnahmen vom Arbeitszeitgesetz gelten doch sowieso nur für die paar Angestellten, die Mitglied im BaT sind- wie soll man denn da einen vernünftigen Dienstplan schreiben?
Es ist richtig, dass der abgeschlossene Tarifvertrag grundsätzlich für die Mitglieder der tarifschließenden Parteien gilt. Deshalb ist eine Mitgliedschaft der angestellten Tierärzt:innen im BaT schon jetzt sinnvoll, um dann von den Vorteilen des Tarifvertrags profitieren zu können.
Diese hohen Gehälter können sich Arbeitgebende doch gar nicht leisten und die Anfänger können ja noch nichts!
Die neue GOT ermöglicht genau das: angemessene Gehälter für Akademiker:innen, die einen der anspruchsvollsten Studiengänge in Deutschland absolviert haben. Bei Ausschöpfung der Abrechnungsmöglichkeiten, vor allem im Notdienst, können diese Gehälter generiert werden – das ist dringend nötig, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken! Aktuell empfiehlt der bpt ein Einstiegsgehalt von 3500€, der BaT von 3710€ brutto pro Monat (für eine 40-Stunden-Woche).
Meinen gut ausgebildeten Oberärzt:innen reichen die Gehälter in der BaT-Tabelle nicht– kann man Angestellten mehr bezahlen, als im TV steht, um sie langfristig zu binden?
Außertarifliche (AT) Regelungen sind immer möglich, wie z.B. ein höheres Gehalt, Leistungen zur betrieblichen Altersvorsorge, steuerfreie Sachleistungen (z.B. Zuschüsse zur Kinderbetreuung oder Tankgutscheine) oder eine Umsatzbeteiligung.
Wir haben ihr Interesse geweckt? Hier gibt es noch mehr Artikel zum Thema Tarifvertrag:
Schritt für Schritt zum Tarifvertrag
Ein Tarifvertrag in der Tiermedizin — Vorteile für Arbeitgebende und Arbeitnehmende
Interesse mit uns ins Gespräch zu kommen?
Dann melden Sie sich gerne bei uns, um mit uns gemeinsam die Zukunft der Tiermedizin zu gestalten.
Jetzt Kontakt aufnehmen