Das Probearbeiten aus rechtlicher Sicht
In der Praxis kommt es häufiger vor, dass vor dem Beginn eines Arbeitsverhältnisses sich Arbeitgebende und Bewerbende innerhalb der betrieblichen Abläufe in der Tierarztpraxis oder Tierklinik näher kennenlernen möchten. Hierzu kann eine Probearbeit vereinbart werden.
Definition, Rechte und Pflichten des Probearbeitens
Das Probearbeiten wird als loses „Einfühlungsverhältnis“ eingegangen und ist von der Eingehung eines Arbeitsverhältnisses zu unterscheiden. Hiervon ist nochmals die Probezeit während des Arbeitsverhältnisses zu unterscheiden. In dieser Zeit soll sich der Arbeitnehmende innerhalb einer vertraglich definierten Zeit bewähren. Dieser Zeitraum wird Probezeit genannt. Er dient Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden dazu, einander kennenzulernen.
Prägend für das „Einfühlungsverhältnis“ ist, dass keine gegenseitigen Rechte und Pflichten vereinbart werden. Bewerber oder Bewerberin übernehmen in diesem Zusammenhang keine Rolle von Arbeitnehmenden, müssen also keine konkrete Arbeitsleistung erbringen. Die Arbeitgebenden dagegen ermöglichen lediglich den Bewerber:innen sich einen Überblick über die Tierarztpraxis oder Tierklinik zu verschaffen.
Probearbeiten während einer Anstellung
Eine Probearbeit kann auch während eines noch bestehenden Arbeitsverhältnisses durchgeführt werden. Insbesondere stellt dieses keine anzeigepflichtige Nebentätigkeit dar. In diesem Zusammenhang handelt es sich ebenfalls um keine Konkurrenztätigkeit. Nach dem Bundesarbeitsgericht (BAG) ist es den Arbeitnehmenden während des Arbeitsverhältnisses untersagt, eine Konkurrenztätigkeit wahrzunehmen (BAG 26.06.08 2 AZR 190/07). Für das Probearbeiten ist jedoch prägend, dass es sich gerade nicht um eine Tätigkeit im arbeitsrechtlichen Sinne handelt.
Aus diesem Grunde ist die Ableistung einer Probearbeit ebenfalls während eines gewährten Urlaubs möglich. § 8 BUrlG verbietet ausdrücklich nur die widersprechende Erwerbstätigkeit während des Urlaubs.
Im Falle eines bereits gekündigten Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitnehmende sogar eine Freistellung beim Arbeitgebenden für ein Probearbeiten beantragen, vgl. § 629 BGB.
Abgrenzung zu einem Arbeitsverhältnis
Üben die potentiellen Arbeitgebenden bereits während des Probearbeitens ein Direktionsrecht aus, z.B. durch Anweisung bestimmte Arbeitszeiten einzuhalten, konkrete Tätigkeiten auszuüben oder bestimmte Arbeitsorte aufzusuchen, gehen die Arbeitsgerichte von einem Arbeitsverhältnis aus. Hierzu können ebenfalls bereits die Verpflichtung zum Tragen von Dienstkleidung, zur Einhaltung von Pausenzeiten oder die Vereinbarung einer Vergütung Indizwirkung haben.
Bezahlung und zeitlicher Rahmen
Dagegen können jedoch die Arbeitgebenden dem Tierarzt oder der Tierärztin eine freiwillige Aufwandsentschädigung zahlen, hierzu gehören beispielsweise Fahrtkosten oder Kosten für Verpflegung. Kommt dagegen bereits durch das Probearbeiten ein Arbeitsverhältnis zustande, haben die sodann Arbeitnehmenden einen gesetzlichen Anspruch auf eine Vergütung. In der Folge müssen die Arbeitgebenden ebenfalls sämtliche Anforderungen einer Kündigung beachten (Kündigungsfristen, Schriftformerfordernis der Kündigung usw.).
Eine starre zeitliche Höchstgrenze gibt es nicht. Ein Probearbeiten kann daher nur wenige Stunden bis mehrere Tage dauern. Sollte das Probearbeiten länger als eine Woche andauern, könnte dies ebenfalls ein Indiz für die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses darstellen. Die Länge sollte von beiden Parteien abgestimmt werden.
Versicherung, Anmeldung und vertragliche Fixierung
Beim Probearbeiten sind die Bewerber und Bewerberinnen im Falle eines Unfalls nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert. Hinsichtlich der Absicherung von Haftpflichtschäden sollte im Vorfeld mit dem Arbeitgebenden geklärt werden, ob dessen Berufshaftpflichtversicherung ebenfalls eine Probearbeit abdeckt. Sollte dies nicht der Fall sein, sollte dringend eine private Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden.
Solange kein Arbeitsvertrag zustande kommt, muss der Arbeitgebende Probearbeiten nicht anmelden – nicht beim Finanzamt und nicht bei den Sozialversicherungsträgern. Diese Pflicht hat er nur bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses.
Um etwaige Streitigkeiten im Vorfeld zu entgehen, kann das Probearbeiten auch vertraglich fixiert werden. In diesem Falle sollten, wie in einem Arbeitsvertrag, die wesentlichen Rechte und Pflichten (Länge der Probearbeit, Aufwandsentschädigung usw.) festgehalten werden. In diesem Zusammenhang kann ebenfalls die Zusicherung des Arbeitgebenden, dass der Bewerbende in den Versicherungsschutz der Berufshaftpflichtversicherung des Arbeitgebenden fällt, festgehalten werden.
gez. Rechtsanwalt Benjamin Kranepuhl
tiermedrecht – Anwaltskanzlei Althaus
Feldstiege 102
48161 Münster
E‑Mail: kranepuhl@tiermedrecht.de
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