Musterarbeitsvertrag
Das neue Arbeitsverhältnis
Auch wenn eine schriftliche Fixierung der Grundlagen des neuen Arbeitsverhältnisses nicht rechtlich vorgeschrieben ist, ist diese dringend anzuraten, damit zukünftig Arbeitnehmende und ‑gebende ihre Rechte und Pflichten unmissverständlich “schwarz auf weiß” abgebildet haben.
Das neue Nachweisgesetz
Seit jeher regelte das NachwG, dass der Arbeitgebende (AG) die wichtigsten Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen hatte und dem Arbeitnehmenden (AN) aushändigen musste. Dafür galt bislang eine Monatsfrist nach Beginn des Arbeitsverhältnisses. Dies betraf folgende Punkte:
- Name und Anschrift der Vertragsparteien
- Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses
- Dauer des Arbeitsverhältnisses bei Befristung
- Arbeitsort
- Bezeichnung oder Beschreibung der Tätigkeit
- Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts
- Arbeitszeit
- Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
- Kündigungsfristen
- Allgemeiner Hinweis auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind.
Mit Inkrafttreten der Neuregelung des NachwG zum 01.08.2022 ändern sich die Informations- und Dokumentationspflichten der AG. Ebenfalls sieht das NachwG nunmehr Bußgelder in Höhe von bis zu 2000€ bei Verstößen vor.
Ab dem 01.08.2022 müssen bei Neueinstellungen zusätzlich noch folgende Punkte schriftlich dokumentiert werden:
- Enddatum des Arbeitsverhältnisses
- Ggf. freie Wahl des Arbeitsorts durch den AN
- Sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit
- Die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung
- Die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Schichtänderungen
- Sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
- Ein etwaiger Anspruch auf vom AG bereitgestellte Fortbildung
- Wenn der AG dem AN eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist.
- Das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom AG und AN einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage; § 7 des Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden.
Im Gegensatz zur bisherigen Fassung des NachwG muss bereits am ersten Arbeitstag dem AN die Niederschrift mit den Informationen über den Namen und die Anschrift der Vertragsparteien, das Arbeitsentgelt und seine Zusammensetzung sowie über die Arbeitszeit und Ruhepausen vorliegen. Die weiteren Nachweise, wie zum Beispiel Arbeitsort und Tätigkeitsbeschreibung, müssen spätestens in sieben Kalendertagen nachgereicht werden. Weitere Informationen, wie etwa Urlaubsdauer oder Informationen zum Kündigungsverfahren müssen durch den AG spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Arbeitsbeginn erfolgen.
Wozu dient der Arbeitsvertrag?
Damit ein solcher Vertrag aber (für beide Seiten) die erforderliche Sicherheit bietet, ist bei der Erstellung des konkreten Inhalts absolute Sorgfalt Pflicht. Denn ein Vertrag soll schließlich verlässliche Sicherheit bieten. Diese Sicherheit wird gerade dann auf den Prüfstand gestellt, wenn man sie am dringendsten benötigt: im Streitfall.
Die mit der Erstellung eines Arbeitsvertrages verbundenen, teils komplexen arbeitsrechtlichen Fragestellungen, sind für den juristischen Laien sicherlich nicht ohne weiteres zu beantworten. Daher wollen viele AG und AN diese Herausforderung nicht selbst in Angriff nehmen, was in Anbetracht der Bedeutung eines wasserfesten Vertrages auch nicht zu raten wäre. Die Beauftragung eines Fachmanns mit der Übernahme dieser Aufgabe ist dagegen aber mit einem gewissen finanziellen Aufwand verbunden. Auch hiervor schrecken viele AG und AN zurück. Lässt sich denn eine Lösung finden, die diese beiden Probleme zugleich beseitigen kann?
Musterarbeitsvertrag als Lösung?
Möglicherweise ja, denn auf diversen Websites sind sogenannte „Musterarbeitsverträge“ völlig kostenlos zu haben. Diese scheinen eine rechtliche Absicherung zu ermöglichen, ohne dafür eine monetäre Investition vorauszusetzen.
Die Freude über diese vermeintlich perfekte Lösung aller Probleme kann jedoch schnell in Ärgernis umschlagen. Denn gerade in dem Moment, wo auf den Bestand der vereinbarten vertraglichen Regelungen Verlass sein muss, löst sich die geglaubte Absicherung in Luft auf und führt zu einem unbequemen Aufprall auf dem Boden der Tatsachen. Folge können verloren gegangene einstige Zugeständnisse jeglicher Art sein. Nicht umsonst wird von den Vertreibern dieser Musterverträge darauf hingewiesen, dass zur Formulierung eines maßgeschneiderten Vertrages ein Rechtsbeistand hinzugezogen werden sollte.
Aber wieso ist auf solche Musterarbeitsverträge im Ernstfall kaum Verlass? Dies liegt nicht etwa daran, dass sie juristisch unsauber erstellt wurden, sondern vielmehr daran, dass sie für eine Vielzahl von Sachverhalten formuliert wurden. Aber jeder Sachverhalt ist anders, jedem Arbeitsverhältnis liegen unterschiedliche Vorstellungen und Umstände zugrunde. Diese Andersartigkeit erfordert freilich bei jedem Sachverhalt andere rechtliche Regelungen. Nur so können die Vorstellungen der Parteien tatsächlich umgesetzt werden. Bei diesen Musterarbeitsverträgen handelt es sich jedoch nur um Vorlagen, die allgemein gehalten sind und gar nicht auf die exakten Bedürfnisse des Einzelfalls zugeschnitten sein können. Hierfür benötigen sie jeweils einen individuellen Feinschliff. Ohne einen solchen können sie keine zuverlässige rechtliche Absicherung leisten.
Das Beispiel “Wettbewerbsverbot”
Ein recht anschauliches Beispiel für die Allgemeinheit dieser Musterverträge ist die oft anzutreffende Regelung über das sogenannte nachträgliche Wettbewerbsverbot. Dieses Wettbewerbsverbot soll verhindern, dass der AN während seines Angestelltenverhältnisses unter der Flagge des AG ein gewisses Know-how entwickelt und sich bei Patientenbesitzer:innen einen Namen macht, um dann unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses seinem dann ehemaligen AG in unmittelbarer Nachbarschaft die Kundschaft streitig zu machen. Hierzu wird je nach Lage der Praxis ein räumlicher Umkreis um die Praxis des AG festgelegt, innerhalb dessen sich der AN nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für einen bestimmten Zeitraum weder niederlassen, noch in eine bestehende Praxis eintreten oder diese übernehmen darf. Die Reichweite dieses Umkreises muss hier unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten, vornehmlich der Einwohnerdichte, getroffen werden. So ist in einem ländlichen Bereich dieser Umkreis großzügiger zu gestalten als in einem städtischen Bereich mit entsprechend höherer Anzahl von Tierbesitzer:innen. Eine Abwägung unter Berücksichtigung der höchst individuellen Sachlage kann ein pauschal gehaltener Vertrag gar nicht vornehmen.
Findet eine hinreichende Abwägung aber nicht statt, kann dies schnell zur Benachteiligung des AN führen, etwa weil der räumliche Wirkungskreis des Wettbewerbsverbotes zu weit gefasst ist. Unter Umständen kann ein unangemessen großer Wirkungskreis zur Unwirksamkeit einer solchen Klausel führen. Daher ist eine richtige Bemessung sowohl im Interesse des AN als auch des AG. Zudem darf in einem solchen Fall, in dem ein Wettbewerbsverbot vereinbart wird, eine angemessene Karenzentschädigung nicht vergessen werden. Hierauf hat der AN einen Anspruch, denn durch das Wettbewerbsverbot wird er in seiner durch das Grundgesetz geschützten Berufsfreiheit erheblich eingeschränkt. Auch hier muss zur Ermittlung der Höhe eine individuelle Abwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls vorgenommen werden.
Anpassung des Musterarbeitsvertrages
In den Musterverträgen lassen sich regelmäßig in die Formulierungen eingebaute Alternativen finden, um den unterschiedlichen Sachverhalten gerecht zu werden. Dann aber hat immer eine Auswahl unter den Alternativen stattzufinden. So wird beispielsweise gerne formuliert: „Die ersten sechs (alternativ: drei/ vier/ fünf) Monate des Arbeitsverhältnisses gelten als Probezeit.“ Durch eine solche Formulierung wird natürlich keine klare Regelung über die tatsächliche Dauer der Probezeit getroffen. Vielmehr hat hier noch eine Auswahl unter den Alternativen stattzufinden. Dieser wichtige Punkt wird aber nicht selten übersehen. So sind die Parteien der Meinung, eine eindeutige Vereinbarung getroffen zu haben, ohne dass dies wirklich der Fall ist. Ein weiteres Beispiel lässt sich in Bezug auf die Arbeitszeitregelung finden. Hier wird zum Beispiel wie folgt formuliert: „Die Arbeitszeit beträgt unter Zugrundelegung einer Fünftagewoche/ Sechstagewoche 40/48 Stunden wöchentlich.“ Auch hier sind Alternativen eingebaut, um unterschiedliche Sachverhalte abzudecken. Aber auch hier ist wieder einmal eine Auswahl unter den angegebenen Varianten unerlässlich, sofern man eine klare und unmissverständlich vertraglich geregelte Arbeitszeit wünscht. Eine dritte Person kann sonst nur rätseln, was die Parteien, die hier keine Individualisierung vorgenommen haben, tatsächlich vereinbart haben.
Ein weiteres Problem ist, dass viele AN und AG gar nicht wissen, in welchen Punkten und wie weit sie von den vorformulierten Verträgen abweichen dürfen. Vielleicht wollen sie ja im Rahmen der Vertragsfreiheit manche Punkte ganz anders gestalten, eben weil ihre Vorstellungen und Sachverhalte individuell sind und nicht mit denen aller übrigen Vertragsverwender übereinstimmen. In diesem Fall haben sie ohne juristischen Beistand kaum eine Möglichkeit, zu konkreten Punkten Nachfragen zu stellen und Änderungswünsche im rechtlich erlaubten Rahmen umzusetzen. Die mangelnde Möglichkeit, Nachfragen zu stellen bzw. konkrete Erläuterungen zu erhalten, birgt die grundsätzliche Gefahr der Entstehung von Missverständnissen oder des Übersehens von wichtigen Punkten. Dies kann durchaus weitreichende Folgen haben. Eine Regelung, die nicht mit den Gesetzen in Einklang steht, ist im Zweifel unwirksam und somit nicht anwendbar. Ärgerlich, wenn eine solche Regelung doch tatsächlich Wille der Parteien war und sie sich auf diese zu verlassen vermochten. Zudem ist nicht auszuschließen, dass der verwendete Mustervertrag aufgrund von Änderungen in Gesetzen oder Rechtsprechung gar nicht mehr der aktuellen Rechtslage entspricht. Auch dies muss sorgsam geprüft werden.
Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst
Unklarheiten ergeben sich insbesondere auch schnell in Fragen des Bereitschaftsdienstes bzw. der Rufbereitschaft. Hier gilt es, in Bezug auf die Anrechenbarkeit dieser Dienste auf die wöchentliche Arbeitszeit, einige Punkte zu beachten. So ist der Bereitschaftsdienst, bei dem sich der AN zu Praxiszwecken an einem vom AG bestimmten Ort aufzuhalten hat, vollständig auf die wöchentliche Arbeitszeit anzurechnen. Mit der Rufbereitschaft verhält es sich allerdings anders. Da der AN hier nicht so sehr in seiner Freizeitgestaltung eingeschränkt ist, denn er muss sich nicht an einer vom AG bestimmten Stelle aufhalten, wird diese Zeit hingegen nicht auf die wöchentliche Arbeitszeit angerechnet. Weitere Unklarheiten in Bezug auf Arbeitszeiten ergeben sich gerne auch in Bezug auf die Ableistung von Überstunden. Hier stellen sich insbesondere die Fragen, ob geleistete Überstunden ausgezahlt werden, ob ein Anspruch auf Freizeitausgleich besteht oder ob jegliche Überstunden mit dem vereinbarten Gehalt abgegolten sind. Und müssen Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet werden, um sie überhaupt abgelten zu können? Wie sieht es mit dem Urlaub aus? Ist eine differenzierte Regelung von gesetzlichem Mindesturlaub und ‑sofern gewährt- übergesetzlichem Mehrurlaub sinnvoll?
Musterarbeitsvertrag als Fundament
Im Ergebnis zeigt sich, dass die Erstellung eines Arbeitsvertrages überaus komplex ist und vielseitige Fragestellungen aufwirft, die es mit Bedacht zu durchdenken gilt. Hierbei muss jedem klar sein, dass ein Mustervertrag in seiner Rohfassung diesen Anforderungen nicht gerecht werden kann. Denn dieser ist eben nur ein Muster und darf somit nicht als individuelle Vertragsausgestaltung, sondern lediglich als Fundament für eine solche verstanden werden.
Wer zu einem Mustervertrag greifen möchte, sollte dies mit größter Sorgfalt tun und das Vorgesagte bedenken. Eine individuelle Anpassung an das von beiden Parteien angestrebte Arbeitsverhältnis ist für eine solide rechtliche Ausgestaltung unerlässlich. Wer hier auf Nummer sichergehen möchte, kommt um die Einholung fachlichen Rates nicht herum. Nur so kann der Vertrag beiden Seiten die gewollte Sicherheit bieten und auch im Ernstfall den nötigen Rückhalt geben.
Fazit
Als abschließendes Fazit lässt sich festhalten: Ein Arbeitsvertrag sollte stets schriftlich fixiert werden. Wer hierbei nicht ganz auf eigene Faust agieren möchte, die Kosten durch die Beauftragung eines Rechtsbeistands aber scheut, kann auf einen sogenannten Musterarbeitsvertrag zurück zu greifen. Dieser ist allerdings nicht „gebrauchsfertig“, eine sorgsame und genaue Anpassung an die jeweiligen Verhältnisse ist unabdingbar. Wer dies auf eigene Faust tun möchte, setzt sich dem Risiko aus, dass nachteilige oder gar mit dem Gesetz nicht zu vereinbarende Regelungen getroffen werden. Wer garantiert für die Zukunft abgesichert sein will, wird sich fachliche Unterstützung holen müssen. Denn nur diese kann zuverlässig durch den Paragrafendschungel ans Ziel führen.
tiermedrecht – Anwaltskanzlei Althaus
Feldstiege 100
48161 Münster
E‑Mail: info@tiermedrecht.de
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