Beschäftigungsverbote in Schwangerschaft und Stillzeit
Eine bestehende Schwangerschaft bringt vielfältige Veränderungen mit sich. Neben der Freude über die positiven Auswirkungen diese „Umstandes“ sehen sich aber auch viele Arbeitnehmerinnen Fragezeichen gegenüberstehen.
„Wie wird es nun beruflich für mich weitergehen?“, „Wie wird sich meine Arbeit während der Zeit bis zum gesetzlichen Mutterschutz gestalten?“ und „Darf ich nun überhaupt noch in meinem Beruf als Tierärztin tätig sein?“ – so in etwa können diese Fragen aussehen, die auf die werdende Mutter einprasseln.
Beschäftigungsverbot in der Tierärzteschaft
Bei dem Beschäftigungsverbot dürfte es sich um ein gerade in der Tierärzteschaft durchaus bedeutendes Thema handeln, lassen sich doch im Berufsalltag einer Tierärztin viele mögliche Gefahrenquellen für die Schwangere bzw. die stillende Mutter finden. Zudem ist der Bereich der Tiermedizin inzwischen sehr von Frauen geprägt, sodass das Thema Beschäftigungsverbot auch aus diesem Grund hier durchaus von größerer Relevanz ist.
Das Mutterschutzgesetz
Zur Aufklärung dieser sich hierbei ergebenden Fragestellungen trägt insbesondere folgende Rechtsquelle bei: das Mutterschutzgesetz (MuSchG). Dieses Gesetz ist auf alle in der Bundesrepublik beschäftigten Arbeitnehmerinnen anzuwenden und soll deren Schutz und den ihres Kindes gewährleisten. Hier finden sich Regelungen dazu, wie das Arbeitsverhältnis während der Schwangerschaft, unmittelbar nach der Geburt und während der Stillzeit zu gestalten ist. Die Einhaltung dieser Vorschriften hat der jeweilige Arbeitgeber zu gewährleisten.
Unterrichtung des Arbeitgebers
Aber gehen wir zunächst einen Schritt zurück: um der werdenden Mutter ihre Rechte auch tatsächlich in vollem Umfang zu gewähren und sämtliche Maßnahmen zu ihrem Schutz ergreifen zu können, muss der Arbeitgeber zunächst von der Schwangerschaft unterrichtet werden. Denn nur so ist ihm ja überhaupt bewusst, dass der weitere Ablauf des Arbeitsverhältnisses bis in die Stillzeit hinein den Regelungen des MuSchG zu entsprechen hat. Eine Unterrichtung des Arbeitgebers muss demnach unverzüglich nach Kenntniserlangung über die bestehende Schwangerschaft erfolgen. Wenn der Arbeitgeber nun eine entsprechende Nachricht seiner Mitarbeiterin erhalten hat, so hat er von diesem Moment an sämtliche Vorschriften zum Schutz ihrer Gesundheit zu beachten und das Gewerbeaufsichtsamt über die Schwangerschaft zu informieren.
Die Gefährdungsbeurteilung
Nach dem MuschG hat der Arbeitgeber sodann eine Gefährdungsbeurteilung des betreffenden Arbeitsplatzes zu erstellen. Zweck der Beurteilung ist es, alle Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit sowie alle Auswirkungen auf Schwangerschaft oder Stillzeit der betroffenen Arbeitnehmerin abzuschätzen und die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen zu bestimmen. Der Arbeitgeber ist sodann verpflichtet, werdende oder stillende Mütter sowie die übrigen bei ihm beschäftigten Arbeitnehmerinnen und, wenn ein Betriebs- oder Personalrat vorhanden ist, diesen über die Ergebnisse der Beurteilung und über die zu ergreifenden Maßnahmen für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zu unterrichten. Nur so kann ein effektiver Schutz der Schwangeren und Stillenden erreicht werden.
Umgestaltung der Arbeitsbedingungen
Ergibt die Gefährdungsbeurteilung, dass die Sicherheit oder Gesundheit der betroffenen Arbeitnehmerin gefährdet ist und dass Auswirkungen auf Schwangerschaft oder Stillzeit möglich sind, so hat der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit durch eine einstweilige Umgestaltung der Arbeitsbedingungen und gegebenenfalls der Arbeitszeiten eine Gefährdung für werdende oder stillende Mütter ausgeschlossen wird. Dies bedeutet, dass die Betroffenen mit anderen Arbeiten betraut werden dürfen, sofern bei diesen eine entsprechende Gefährdung nicht besteht. Für Tierärztinnen heißt dies, dass sie für die Dauer der Schwangerschaft und Stillzeit etwa mit Arbeiten beauftragt werden dürfen, bei denen ein Kontakt mit kranken oder gefährlichen Tieren ausgeschlossen ist und auch sonst keine Konfrontation mit Gefahrstoffen wie beispielsweise gefährlichen Keimen oder chemischen Stoffen zu erwarten ist. Auch darf eine Schwangere keine schweren Lasten tragen oder andere körperlich schwere Arbeiten verrichten oder solche, bei denen ein erhöhtes Verletzungsrisiko droht (etwa die Arbeit mit großen Tieren). Ebenso soll zu langes stehen und Arbeiten in Zwangshaltung (Hocken, Bücken) vermieden werden. Auch Röntgenmaßnahmen darf die Schwangere nicht durchführen. Schwangere und stillende Tierärztinnen dürfen zudem keine Injektionen verabreichen, Blutentnahmen durchführen oder in der Geburtshilfe eingesetzt werden. Denn auch hier verbirgt sich das Risiko einer Infektion.
Anpassung der Arbeitszeit
In arbeitszeitlicher Hinsicht gilt es ebenso einige Besonderheiten zu beachten: werdende und stillende Mütter dürfen nicht in der Nacht zwischen 20 und 6 Uhr und nicht an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden. Außerdem dürfen sie maximal achteinhalb Stunden pro Tag zur Arbeit herangezogen werden (Arbeitnehmerinnen unter 18 Jahren maximal acht Stunden/ Tag). Jegliche darüber hinausgehende Arbeit ist untersagt.
Arbeitsplatzanpassung oder Freistellung
Sofern der Schwangeren und Stillenden all diese „Privilegien“ gewährt werden können, besteht zunächst kein allgemeines Beschäftigungsverbot, sondern die Betroffenen können weiterhin ihrem Beruf als Tierärztin nachgehen. Hierzu werden allerdings in der Regel Umgestaltungen von Arbeitsplatz und –bedingungen notwendig sein. Sofern auch durch solche Schutzmaßnahmen eine Gefährdung für die Schwangere oder das Kind nicht ausgeschlossen werden kann, so wird die Betroffene in diesem Fall von der Arbeit freigestellt. Die Freistellung erfolgt auf Antrag des Arbeitgebers durch das Gewerbeaufsichtsamt.
Absolutes Beschäftigungsverbot
Ein Beschäftigungsverbot für werdende Mütter besteht in jedem Fall in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung, es sei denn, dass sie sich zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklären. Diese Erklärung kann aber jederzeit widerrufen werden. Das Beschäftigungsverbot besteht in der Zeit nach der Entbindung für acht weitere Wochen fort. Sofern die frisch gebackene Mutter nach Ablauf dieser acht Wochen, in denen ein grundsätzliches Beschäftigungsverbot ungeachtet der individuellen Arbeitsverhältnisse besteht, ihr Kind stillen möchte, kann sich unter o.g. Bedingungen das Beschäftigungsverbot fortsetzen. Hierzu müsste die Aufnahme der Arbeit also Gefahren für Gesundheit oder Leben der stillenden Mutter oder des (neugeborenen) Kindes mit sich bringen. Dies dürfte vor allem dann anzunehmen sein, sofern die stillende Mutter bei der Arbeit potenziell mit infektiösen Materialien in Kontakt kommen könnte.
Elterngeld oder Beschäftigungsverbot
Alternativ könnte die stillende Mutter auch Elternzeit in Anspruch nehmen. Hierbei würde sie jedoch finanziell schlechter gestellt. Denn das Elterngeld wird maximal bis zu einer Höhe von 1.800€/ Monat gezahlt, und bei „Normalverdienern“ nur zu 66 % des durchschnittlichen Nettoeinkommens der letzten zwölf Monate. Während des Beschäftigungsverbotes hingegen erhält die betroffene Arbeitnehmerin den vollen Lohn, muss finanziell also keine Einbuße hinnehmen. Finanziert wird dies durch die Krankenkassen im Umfang von bis zu 13€/ Tag. Die dann noch bestehende Differenz zum regelmäßigen Arbeitsentgelt zahlt der Arbeitgeber, der sich letzten Endes auch diesen „Zuschuss“ von der Krankenkasse erstatten lassen kann.
Kündigungsschutz in Elternzeit
Neben den Vorteilen des Beschäftigungsverbotes soll aber auch auf einen nicht zu verachtenden Nachteil hingewiesen werden: während der Elternzeit ist die Arbeitnehmerin vor der Kündigung des Arbeitsverhältnisses geschützt. Dieses Privileg wird jedoch nicht der im Beschäftigungsverbot befindlichen stillenden Mutter gewährt. Hier endet der Kündigungsschutz vier Monate nach der Geburt.
Beschäftigungsverbot durch ärztliche Attestierung
Beschäftigungsverbote können sich selbstverständlich nicht nur aufgrund von generellen Gefahrenquellen bei der Arbeit ergeben, sondern auch dann, wenn durch ärztliches Attest eine Gefährdung für die Schwangere oder ihr Kind bei Fortführung der Beschäftigung, bescheinigt wird. Dies kann beispielsweise bei auftretenden Komplikationen in der Schwangerschaft der Fall sein.
Mutterschaftsgeld
Während der beschäftigungsfreien Zeiten sechs Wochen vor bzw. acht Wochen nach der Entbindung und auch für die Zeit, während der die Schwangere aufgrund ärztlichen Attests einem Beschäftigungsverbot unterliegt, erhält die Schwangere Mutterschaftsgeld. Dieses wird von der Krankenversicherung der Schwangeren und von dem Arbeitgeber anteilig gezahlt. In der Summe erhält die Betroffene den Nettolohn, den sie während der vergangenen drei Monate im Schnitt erzielt hat. Hier sind also kaum finanzielle Verluste zu befürchten.
Sind die Voraussetzungen für die Zahlung von Mutterschaftsgeld nicht gegeben, also liegt ein teilweises oder auch vollständiges Beschäftigungsverbot aufgrund der Gefährlichkeit der Arbeitstätigkeit vor, ist vom Arbeitgeber mindestens der Durchschnittsverdienst der letzten drei Monate vor Beginn des Monats, in dem die Schwangerschaft eingetreten ist, weiter zu gewähren. Auch hier werden die Betroffenen in der Regel monetär nicht beeinträchtigt.
Urlaubsanspruch im Beschäftigungsverbot
Für viele Arbeitnehmerinnen sicherlich interessant ist die Frage, welche Auswirkung ein Beschäftigungsverbot aufgrund Schwangerschaft und Stillzeit auf den Urlaubsanspruch der Betroffenen hat. Denkbar wäre etwa eine Kürzung des Urlaubsanspruchs um die Zeit, in der die Arbeitnehmerin aufgrund eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes ausgefallen ist. Hier trifft § 24 MuSchG aber eine eindeutige Aussage: „Für den Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub und dessen Dauer gelten Ausfallzeiten wegen mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote als Beschäftigungszeiten.“ Hiernach entsteht der Urlaubsanspruch also auch für die Zeiten in voller Höhe, in denen die Schwangere bzw. Stillende einem Beschäftigungsverbot unterlag und aus diesem Grunde keine Arbeitsleistung erbringen konnte. In dieser Norm findet sich noch eine weitere Regelung zugunsten der Betroffenen: „Hat die Frau ihren Urlaub vor Beginn der Beschäftigungsverbote nicht oder nicht vollständig erhalten, kann sie nach Ablauf der Frist den Resturlaub im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr beanspruchen.“ Demnach entfällt der Anspruch auf Urlaub nicht aufgrund des Umstandes, dass die Betroffene diesen innerhalb der gesetzten Frist (also bspw. nicht bis zum Jahresende oder bis zum 31.03. des Folgejahres) wegen des bestehenden Beschäftigungsverbotes nicht mehr nehmen kann.
Fazit
Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass durch eine Schwangerschaft mit anschließender Stillzeit zweifellos einige Veränderungen im Leben der Betroffenen anstehen, allerdings müssen diese in Bezug auf das Arbeitsverhältnis nicht zwangsläufig negativ belegt sein. Schwangerschaft und Stillzeit dürften zwar gerade bei Tierärztinnen ein bedeutsames Thema sein, sind sie doch in ihrem Berufsalltag häufig potenziellen Gefahrenquellen wie Krankheitserregern, Medikamenten, Röntgenstrahlen oder auch großen und somit für sie potenziell gefährlichen Tieren ausgesetzt. Allerdings müssen eine bestehende Schwangerschaft und anschließende Stillzeit nicht zwangsläufig zu einem frühzeitigen Beschäftigungsverbot führen. Eine Gefährdungsbeurteilung durch den Arbeitgeber und anschließende gemeinsame Überlegungen mit der Betroffenen über Möglichkeiten der Gefahrenvermeidung, etwa durch Umgestaltung von Arbeitsplatz und –bedingungen, kann eine Lösung sein. Sofern sich aber auch hierdurch keine Sicherheit für die Schwangere oder Stillende gewährleisten lässt, bleibt tatsächlich nur der Weg in das Beschäftigungsverbot. Denn die Sicherheit für Mutter und Kind geht vor.
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