Der BaT nimmt Stellung zur Empfehlung des bpt Arbeitskreises Angestellte Tierärzte zur Entlohnung
Bund angestellter Tierärzte e.V. nimmt Stellung zur Empfehlung des bpt Arbeitskreises Angestellte Tierärzte zur Entlohnung von langfristig angestellten Tierärztinnen und Tierärzten
Im Rahmen der diesjährigen Delegiertenversammlung des bpt wurde im Oktober in München unter anderem über die Gehaltsempfehlungen für langfristig angestellte Tierärztinnen und Tierärzte abgestimmt. Die vorbereitende Arbeit für die Empfehlung oblag dem Arbeitskreis „Angestellter Tierärzte“ des bpt, der paritätisch aus Arbeitnehmern und Arbeitgebern besteht, und dessen Vorschläge einstimmig der Delegiertenversammlung vorgelegt werden müssen. Laut internen Informationen hatte es hier ein hartes Ringen gegeben und am Ende war die Stimme der Arbeitgeber lauter.
Im Folgenden findet sich der Wortlaut der Empfehlungen sowie die Stellungnahme des BaT.
Mindestgehaltsempfehlungen für langfristig angestellte Tierärztinnen und Tierärzte – bpt – Oktober 2019
1. Berufsjahre
Die Höhe des Bruttomindestgehaltes richtet sich nach der Anzahl der Berufsjahre. Die Berufsjahre zählen ab dem ersten Monat nach der Approbation, in dem die Tierärztin/der Tierarzt in einem Angestelltenverhältnis steht.
Teilzeitarbeitsverhältnisse mit einer Arbeitszeit von 20 und weniger Wochenstunden sind zur Hälfte auf die Berufsjahre anzurechnen. Teilzeitarbeitsverhältnisse mit mehr als 20 Wochenstunden sind voll auf die Berufsjahre anzurechnen. Zeiten, in denen das Arbeitsverhältnis aufgrund der Inanspruchnahme gesetzlicher Elternzeiten ruht, sind nicht berücksichtigungsfähig.
Stellungnahme des BaT:
Diese Regelungen verschaffen Tierärztinnen signifikante Nachteile:
- Das gesetzlich vorgeschriebene Berufsverbot (Mutterschutzgesetz) zwingt die Frauen, die praktische Tätigkeit zeitweilig ruhen zu lassen – dies ist keine „Kann Regelung“, sondern eine gesetzlich vorgeschriebene Regelung, für die weder kurzfristig noch langfristig ein Nachteil für die Frau entstehen darf.
- Wenn ‑wie vom bpt gefordert- innerhalb des geltenden Berufsverbots die Zeiten von Mutterschutz, Still‑, und Elternzeit nicht auf die Berufsjahre angerechnet werden, wird eine Frau nach der Babypause aufgrund von
- notwendig gewordener Teilzeitarbeit.
- Halbierung des Gehaltes von Voll- auf Teilzeit plus Verluste durch nicht anerkannte Berufsjahre unterhalb ihres Existenzniveaus für sich und Kind arbeiten müssen und keine Aussicht auf eine Verbesserung ihres Einkommens haben. Die halbierte Anrechnung der Teilzeitarbeit verwehrt ihr entsprechend zügige Weiterentwicklung.
Fazit:
Die Feminisierung des tierärztlichen Berufes erfordert dringend einen wertschätzenderen Umgang mit den Tierärztinnen. Mit dieser Regelung bestraft man die Frau nachhaltig für die Gründung einer Familie, was ethisch und moralisch mehr als verwerflich ist. Ebenso wird sich bei Inbezugnahme o.g. Forderung kein Arbeitgeber mehr wundern müssen, warum die weiblichen Angestellten die Rückkehr in den Beruf nicht mehr anstreben und weshalb bereits Studienabgängerinnen den direkten Weg in die paraklinischen Berufszweige wählen.
Der bpt hat mit dieser Forderung noch einmal Öl ins Feuer beim Thema „Frauen in der Tiermedizin“ gegossen und das Thema der Feminisierung somit weiterhin als „Problem“ gebrandmarkt. Diesem Thema mit weiteren Restriktionen und Benachteiligungen zu begegnen, ist nach Meinung des BaT nicht zielführend und wird daher entschieden abgelehnt.
Stattdessen wird es für selbstverständlich erachtet, dass die Berufsjahre der sich zwangsläufig im Berufsverbot oder in Elternzeit befindlichen Mütter voll auf das beschriebene Vergütungsmodell angerechnet werden.
Für sinnvoll und wertschätzend erachtet der BaT weiterhin, dass beispielsweise die Fortbildungspflicht für o.g. Personen nicht erlischt und somit die fachliche Qualifikation der weiblichen Angestellten auch während der Babypause gesichert- und ggf. sogar ausgebaut wird.
Ziel ist es, dass den Tierärztinnen durch eine Babypause keine kurz- und langfristigen Nachteile im Berufsleben und im anschließenden Alter entstehen, dass sie „trotz Baby“ jederzeit selbstständig existenzfähig bleiben können und ein angemessenes Lebensniveau im Sinne eines akademischen Berufes führen können.
2. Gehaltstabelle
Die Tätigkeitsgruppe I entspricht dem Grundgehalt für Tierärzte/innen. Die einzelnen Tätigkeitsgruppen unterscheiden sich jeweils um 10% Zuschlag.
Die Eingruppierung in die einzelnen Tätigkeitsgruppen erfolgt nach Fähigkeiten und Ausbildungsstand der/des angestellten Tierärztin/Tierarztes. Ebenso kann die Übernahme von praxisorganisatorischen Tätigkeiten bei der Eingruppierung in die Tätigkeitsgruppen herangezogen werden. Die Eingruppierung erfolgt durch den Arbeitgeber nach einem Mitarbeitergespräch. Stufenlose Übergänge zwischen den einzelnen Tätigkeitsgruppen sind möglich.
Folgende Tätigkeiten können bei der Eingruppierung berücksichtigt werden. Es handelt sich hierbei um eine Beispielliste, welche entsprechend der jeweiligen Praxisstruktur erweitert und angepasst werden kann.
Tätigkeitsgruppe I Grundgehalt
- Selbständige Ausführung der kleinen Chirurgie wie z.B. Kastration Kater, Kastration Kätzin, Kastration Rüde, Wundversorgung
Tätigkeitsgruppe II
- Selbständige Ausführung der Bauchchirurgie, Kaiserschnitt, Pyometra, Milzextirpation, Magendrehung
- Labmagenoperation
- Kastration Hengst
- Bestandsbetreuung
Tätigkeitsgruppe III
- Knochenchirurgie, Gelenkchirurgie, Zwerchfellhernie
- Kolikchirurgie
Beispiele für praxisorganisatorische Tätigkeiten, welche ebenso eine zusätzliche Höhergruppierung ermöglichen können, sind:
- Strahlenschutzbeauftragte/r
- Qualitätsmanagementbeauftragte/r
- Verantwortliche/r für Dienstplanerstellung
- GVP-Zertifizierungsbeauftragte/r
- Hygienebeauftragte/r
- Beteiligung am Notdienst
- Arbeitssicherheitsbeauftragte/r
Stellungnahme des BaT:
10% Zuschlag für die Tätigkeiten der Gruppe II betrachtet der BaT als zu niedrig.
Begründung: Mit den vom bpt angeführten Eingriffen sind vor allem Notfalloperationen gemeint, die weitaus mehr „Können“ verlangen, als die unten dargestellte reine Beherrschung der jeweiligen OP-Technik. Zur erfolgreichen Durchführung dieser Eingriffe ist eine adäquate Voruntersuchung mit schneller und sicherer Diagnosefindung notwendig. Dazu zählen neben der sicheren klinischen Untersuchung die Beherrschung der jeweiligen Röntgen‑, und Ultraschalltechnik, die Laborinterpretation, eine präanästhetische Schockbehandlung inklusive Einschätzung des Patienten hinsichtlich Narkosefähigkeit, die Durchführung der an den Kreislaufzustand angepassten Notfallanästhesie bzw. die Einweisung/Überwachung des ausführenden Hilfspersonals während der OP, die postoperative medikamentöse Versorgung und Intensivüberwachung.
Der Tierarzt muss jederzeit allein und selbstverantwortlich handeln können und oben beschriebene Maßnahmen allzeit souverän beherrschen, um solch einer Notfallsituation inklusive der notwendigen rechtlichen Besitzeraufklärung gewachsen zu sein.
Für das Management solcher Situationen ist ein hohes Maß an Routine, sicherem Einschätzungsvermögen des Patienten, führendem Handeln im Sinne der Beratung des Patientenbesitzers notwendig, welches sich nicht in einer „Gehaltssteigerung“ von 10% widerspiegelt.
3. Mindestgehaltsempfehlung in EUR
Die Tabelle versteht sich als Auflistung von Bruttomonatsgehältern auf Grundlage einer 40-Stunden-Arbeitswoche ohne Überstunden mit exakter Arbeitszeiterfassung. Jede zusätzlich geleistete Arbeitsstunde wird zusätzlich mit einem 173tel des Bruttomonatsgehaltes vergütet. Das bpt-Prämienmodell wird als Alternative ebenfalls empfohlen (siehe bpt-Website). Diese Gehaltsempfehlungen werden regelmäßig angepasst.
Stellungnahme des BaT:
Wir verweisen auf die BaT Standards, die der annähernden Deckung der Lebenshaltungskosten im 21. Jahrhundert sowohl in Nord‑, West‑, Süd‑, und Ostdeutschland dienen und die einer drohenden Altersarmut unseres akademischen Berufsstandes durch die hier vorgeschlagenen Gehaltsempfehlungen vorbeugen sollen.
Für die Festlegung der Gehaltssteigerung für Tierärzte wurde vom bpt der Tarifvertrag für TFA´s herangezogen. Dieses als „Grundlagenmodell“ für Tierärzte zu verwenden, ist vor dem Hintergrund des von Vornherein limitierten Aufgabenbereiches einer TFA grundlegend falsch. Die Weiterentwicklung der TFA in ihrem Arbeitsgebiet bleibt allzeit vorhersehbar und ist hinsichtlich der praktischen Fähigkeiten, theoretischen Kenntnissen, Eigenverantwortlichkeit und Führungsanspruch in keinster Weise mit dem tierärztlichen Beruf zu vergleichen. Siehe vergleichend die Gegenüberstellung von Empfehlungen des bpt, der BTK und des BaT mit Gehältern in Euro für eine 40-Stunden-Woche.
4. Erläuterungen
- Notdienst ist als zusätzliche Arbeitszeit zu berücksichtigen und wie Überstunden mit 1/173 des Bruttomonatsgehaltes pro Stunde zu entlohnen. Auf diese Arbeitszeiten sind Zuschläge (z.B. Nachtzuschläge) zusätzlich zu berücksichtigen.
- Fortbildung
Hier wird auf die Ausführungen des bpt durch Herrn Panek verwiesen. Es gibt zwar eine Fortbildungspflicht für Tierärzte/innen, aber keine gesetzliche Regelung, inwieweit sich der Arbeitgeber an den Kosten hierfür zu beteiligen hat. Es wird daher empfohlen, diese Frage mit betrieblichen Vereinbarungen zu regeln. - Eingruppierung
Die regelmäßige Durchführung jährlicher Mitarbeitergespräche wird ausdrücklich empfohlen, um den Vorgang der Eingruppierung für die/den angestellte/n Tierärztin/ Tierarzt transparent zu machen. Die Eingruppierung erfolgt immer unter Berücksichtigung aller für die Praxis/Klinik relevanten Tätigkeiten. - Regionale Unterschiede – Die genannten Gehaltsempfehlungen sind Mindestgehaltsempfehlungen. In Regionen mit höheren Lebenshaltungskosten können beispielsweise prozentuale Zuschläge gezahlt werden. Ebenso sind die Zahlung eines Weihnachtsgeldes und/oder Urlaubsgeldes oder Zuschüsse zur Fortbildung geeignet, die regionalen Besonderheiten zu berücksichtigen.
- Die der Gehaltstabelle zugrunde liegenden Gehaltssteigerungen auf Grund der Berufsjahre orientieren sich an vergleichbaren Tarifverträgen wie zum Beispiel dem Gehaltstarifvertrag für tiermedizinische Fachangestellte.
Um kurz- sowie langfristig die Situation für angestellte Tierärztinnen und Tierärzte in Deutschland zu verbessern, setzt sich der BaT lautstark für eine wertschätzende Behandlung und eben auch Vergütung von angestellten Tierärztinnen und Tierärzten ein. Um noch mehr zu erreichen, brauchen wir auch Sie als Mitglied.