Covid-19 und Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes? Alles so einfach – NEIN.
Seit Karfreitag hat die Bundesregierung eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes beschlossen, die es systemrelevanten Berufsgruppen erleichtern soll in der Krise die Arbeitsabläufe aufrecht zu erhalten. Damit sind auch die angestellten Tierärztinnen und Tierärzte betroffen und dieser Umstand wird von (arbeitgebernahen) Berufsverbänden und tierärztlichen Informationsportalen auch bereits fleißig publik gemacht.
Beispiele zur Sicherstellung der tierärztlichen Versorgung in Zeiten der Corona-Pandemie sind hier zu finden.
Wir weisen hier mit aller Deutlichkeit darauf hin, dass es sich bei den Regelungen um KEINEN Freibrief handelt, die tägliche Arbeitszeit zu erhöhen, die Ruhezeit zu verkürzen und andere Regeln außer Kraft zu setzen.
Folgendes gilt nach wie vor:
- Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit
- Arbeitnehmerschutz ist nach wie vor im Fokus – Mehrarbeit muss zwingend ausgeglichen werden
- Die Regelungen gelten nicht „einfach so“, sondern bedürfen einer vertraglichen Regelung
- Sonderregelungen gelten nur unter sehr spezifischen Voraussetzungen
Wann darf eine Verlängerung der Arbeitszeit stattfinden?
Folgende Bedingungen müssen erfüllt sein, damit von den strikten Regeln des Arbeitzeitgesetzes abgewichen werden darf und gelten wie folgt:
Die Arbeitszeit darf aber nur verlängert werden, wenn sie „nicht durch vorausschauende organisatorische Maßnahmen einschließlich notwendiger Arbeitszeitdisposition, durch Einstellungen oder sonstige personalwirtschaftliche Maßnahmen vermieden werden kann“
Eine Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit auf bis zu 60 Stunden ist möglich: „…wird von den … ermöglichten Abweichungen Gebrauch gemacht, darf die Arbeitszeit 60 Stunden wöchentlich nicht überschreiten. Die Wochenarbeitszeit nach Satz 1 darf in dringenden Ausnahmefällen auch über 60 Stunden hinaus verlängert werden, soweit die Verlängerung nicht durch vorausschauende organisatorische Maßnahmen einschließlich notwendiger Arbeitszeitdisposition, durch Einstellungen oder sonstige personalwirtschaftliche Maßnahmen vermieden werden kann.“
Verkürzung der Ruhezeit und Ausgleich
Die Verkürzung der Ruhezeit von elf auf neun Stunden ist für die tierärztliche Berufsgruppe nicht relevant, da nicht ausdrücklich genannt. Weiterhin gilt: Jede Verkürzung der Ruhezeit ist innerhalb von vier Wochen auszugleichen. Der Ausgleich ist nach Möglichkeit durch freie Tage zu gewähren, ansonsten durch Verlängerung anderer Ruhezeiten auf jeweils mindestens dreizehn Stunden.
Für Sonn- und Feiertagsarbeit kann der Ersatzruhetag neuerdings in bis zu acht Wochen gewährt werden.
Grundsätzlich gelten diese Regelungen nur bis 30.06.2020. Ebenfalls findet eine Kontrolle durch die Behörde statt, die prüft ob die Anwendung der genannten Punkte zulässig ist.
Die genannten Regelungen ermöglichen somit in Maßen und mit strengen Grenzen Veränderungen in der aktuell schwierigen Zeit. Gleichwohl gelten nach wie vor die Grundsätze der Arbeitszeiterfassung, die Ruhezeit von elf Stunden und auch die Sonderregelungen sind nur zeitlich begrenzt.
Fazit
Wir als BaT sind der Meinung, dass es in der aktuellen schwierigen Situation nur mit gemeinsamen Lösungen funktionieren kann. Somit sind sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber gefragt für beide Seiten vernünftige Lösungen zu finden.
Die Neuregelung als Arbeitgeber als „Freibrief“ zu nutzen führt zu wenig und stößt zurecht bei mangelnder Absprache auf Gegenwehr. Und wer bisher keine Arbeitszeit erfasst, kann davon sowieso keinen Gebrauch machen. Um auch nach der Covid-19 Krise von möglichen flexibleren Lösungen zu profitieren, kann nur ein Tarifvertrag mit klaren Regeln für beide Seiten Abhilfe schaffen – somit eine herzliche Einladung an die angestellten Tierärztinnen und Tierärzte aktiv – als Mitglied – mitzuwirken und uns zu unterstützen.
Gemeinsam mehr erreichen!