Betriebsrat- Chancen für Arbeitnehmende und Arbeitgebende
Bislang gibt es nur wenige Betriebsräte in deutschen Tierarztpraxen und ‑kliniken. Heute möchten wir weiterführende Informationen zu diesem wichtigen Thema liefern.
Bislang gibt es kaum Betriebsräte in deutschen Tierkliniken und ‑praxen. Wir fragen uns als Interessensvertretung für angestellte Tierärzt:innen, was die Mitarbeitenden hemmt, sich in einem Betriebsrat für die eigenen Interessen und die der Mitarbeitenden zusammenzuschließen.
Im Folgenden haben wir mögliche Vorteile eines Betriebsrates (BR) für Arbeitnehmende sowie Arbeitgebende in einer Übersicht aufgestellt:
Vorteile eines Betriebsrates
Die oben genannten Vorteile sind bereits überzeugend. Auch die Gründung stellt keine unüberwindbare Hürde dar.
Erfahren Sie nachfolgend Schritt für Schritt, welche Aufgaben und Pflichten ein Betriebsrat hat, welche rechtlichen Grundlagen gelten und wie Sie eine Gründung initiieren.
Was ist der Betriebsrat und wozu dient er?
Nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) stellt der Betriebsrat die Interessenvertretung aller Arbeitnehmenden dar. Er ist überwiegend kollektiv-arbeitsrechtlich tätig und vertritt demnach alle Belange der Arbeitnehmenden gegenüber den Arbeitgebenden. Die wichtigste Aufgabe des BR ist die Überwachung, ob geltende Normen und Vorschriften im Betrieb eingehalten werden. Der BR erhält durch das BetrVG einen besonderen Kündigungsschutz, damit er ungehindert Ziele vertreten und auch erreichen kann.
Aufgaben des Betriebsrates
Wir alle haben bestimmt bereits die Erfahrung machen müssen, dass es schwierig ist, sich als einzelne:r Beschäftigte:r gegen unternehmerische Entscheidungen zu wehren oder individuelle Anliegen bei den Arbeitgebenden vorzutragen und durchzusetzen. Der BR handelt im Sinne aller Angestellten und wird alle vier Jahre nach BetrVG neu gewählt.
In dem BetrVG werden die Aufgaben des BR wie folgt aufgelistet:
- Überwachung der Durchführung von zugunsten der Arbeitnehmenden geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen
- Maßnahmen beantragen, die Betrieb und Belegschaft dienen
- Durchsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern
- Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf
- Eingliederung schwerbehinderter Menschen und anderer schutzbedürftiger Personen
- Integration ausländischer AN, Bekämpfung von Rassismus im Betrieb
- Sicherung und Förderung der Beschäftigung im Betrieb
- Förderung der Maßnahmen zum Arbeitsschutz und des betrieblichen Umweltschutzes
Rechte des Betriebsrates
Initial ist es wichtig zu wissen, dass Betriebsratsmitglieder einem besonderen rechtlichen Schutz unterliegen, damit ihnen nicht durch die Gefahr von Repressionen die Ausübung ihres Amtes erschwert oder unmöglich gemacht wird. Für alle Mitglieder des Betriebsrates gilt ein besonderer Kündigungs- und Versetzungsschutz. Eine ordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ist für die Dauer seiner Amtsausübung und ein Jahr darüber hinaus ausgeschlossen (§ 15 Abs. 1 KSchG). In gewissem Umfang gilt auch ein Versetzungsschutz von BR- Mitgliedern (§ 102 Abs. 3 BetrVG). Somit bedarf eine Versetzung der Zustimmung des BR, wenn das BR- Mitglied nicht einverstanden ist und die Versetzung den Verlust des BR- Amts zur Folge hätte.
Durch die Tätigkeit als BR anfallende Kosten sind nach § 40 BetrVG von den Arbeitgebenden zu tragen. Diese müssen zudem für entstandene Kosten der Sitzungen, Sprechstunden und der laufenden Geschäftsführung Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal in erforderlichem Umfang aufkommen.
Zudem hat der BR ein Schulungsrecht: Nach § 37 Abs. 6 BetrVG hat jedes Mitglied des BR einen Anspruch auf Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, sofern diese Kenntnisse vermitteln, die für die Tätigkeit als BR erforderlich sind. Ein weiterer Schulungsanspruch ergibt sich aus § 37 Abs. 7 BetrVG, welcher jedoch weniger häufig Anwendung findet. Hierbei geht es um die bezahlte Freistellung bei Inanspruchnahme einer gezielten Schulungsmaßnahme.
Damit der BR seine Aufgaben ausführen kann, wird er durch das BetrVG mit bestimmten Rechten ausgestattet. In §§ 87 bis 113 BetrVG werden diese konkret geregelt. Von besonderer Wichtigkeit sind das Unterrichtungs‑, Anhörungs‑, Beratungs- sowie das Mitbestimmungsrecht. Nach diesem Mitbestimmungsrecht können die Arbeitgebenden nur Maßnahmen treffen, wenn der BR zustimmt.
Nach § 87 Abs. 1 BetrVG bestimmt der BR bei folgenden Themen mit:
- Ordnung des Betriebs (Verhalten der Arbeitnehmenden im Betrieb)
- Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, Pausen, Arbeitszeitverteilung
- Vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit
- Zeit, Ort, Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte
- Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze
- Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmenden überwachen
- Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz (Unfallverhütungsvorschriften)
- Fragen der betrieblichen Lohngestaltung
- Grundsätze über das betriebliche
Ferner stehen dem BR weitere Beteiligungsrechte zu:
- Informationsrecht durch den Arbeitgebenden (Bsp.: § 99 Abs. 1 BetrVG)
- Anhörungsrecht: Arbeitgebende müssen den BR anhören (Bsp.: Kündigung, § 102 BetrVG)
- Gemeinsames Beratungsrecht (Bsp.: Planung von Arbeitsabläufen, § 90 Abs.2 BetrVG)
- Zustimmungsrecht: AG benötigt Zustimmung des BR, die er verweigern kann (Bsp.: Kündigung, § 99 BetrVG)
Pflichten des Betriebsrates
Die Pflichten des BR sind zum einen im BetrVG geregelt und zum anderen ergeben sie sich aus der allgemeinen Aufgabenstellung des BR.
Allgemeine Pflichten:
- Vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Arbeitgebenden zum Wohl der Arbeitnehmenden und des Unternehmens (§ 2 Abs. 1 BetrVG)
- Teilnahme an BR- Sitzungen sowie Monatsgesprächen mit Arbeitgebenden (§ 74 Abs. 1 Satz 1 BetrVG)
- Ernsthafter Wille zur Einigung mit den Arbeitgebenden und zur Erarbeitung von Vorschlägen für die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten (§ 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG)
- Wahrung des Betriebsfriedens (§ 74 Abs. 2 Satz 2 BetrVG)
- Verbot parteipolitischer Betätigung im Betrieb (§ 74 Abs. 2 Satz 3 BetrVG)
Hinzu kommen gesetzlich geregelte Verschwiegenheitspflichten der BR- Mitglieder:
- Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (§ 79 BetrVG)
- Personalangelegenheiten (§§ 99 Abs. 1 Satz 3 und 102 Abs. 2 Satz 5 BetrVG)
- Wirtschaftsausschuss (§ 107 Abs. 3 Satz 4 BetrVG)
Gründung- kurz und knapp
Sie haben jederzeit das Recht, einen Betriebsrat zu gründen, wenn Ihr Betrieb folgende Bedingungen erfüllt:
- Mindestens fünf wahlberechtigte Arbeitnehmende (über 16 Jahre, Teilzeitkräfte und Auszubildende eingeschlossen), drei davon wählbar (seit mindestens sechs Monaten im Betrieb)
- Privatbetrieb
- kein bestehender, aktiver Betriebsrat
Der Ablauf
Suchen Sie sich zwei weitere wahlberechtigte Mitstreitende und laden Sie alle Arbeitnehmenden rechtzeitig durch einen öffentlichen Aushang zur Wahlversammlung ein.
Wichtig: Die Wahlversammlung findet während der Arbeitszeit statt und ist zu vergüten.
In der Versammlung wählen Sie nun einen Wahlvorstand durch die Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmenden.
Der Wahlvorstand führt dann die eigentliche Betriebsratswahl durch.
Hierfür ist in aufgeführter Reihenfolge zunächst Folgendes zu beachten:
- Wählerliste erstellen
- Betriebsratsgröße feststellen (abhängig von der Betriebsgröße^1)
- Ort für die Abgabe von Wahlvorschlägen festlegen
Nach der Wahl, kann der neue Betriebsrat seine Arbeit aufnehmen und die Arbeitnehmenden tatkräftig unterstützen.
Fazit: Was bedeutet es für Sie, Betriebsrat zu werden?
Ein Engagement als Betriebsrat bedeutet für Sie, dass Sie sich für Ihre sowie die Belange Ihrer Kolleg:innen einsetzen, ohne dass Ihnen dadurch Nachteile oder Schwierigkeiten entstehen dürfen.
Die Position des Betriebsrates ist ein Ehrenamt. Sie erhalten keine separate Vergütung hierfür. Die arbeitsvertragliche Vergütung wird aber selbstverständlich weitergezahlt.
Sie müssen keine Überstunden zur Ausübung des Amtes erbringen, da die Arbeitgebenden Sie für Ihre Betriebsratsaufgaben von Ihrer üblichen Arbeit freistellen müssen.
Haben Sie den Entschluss gefasst, einen Betriebsrat zu gründen? Wir sind gerne für Sie als Ansprechpartner da. Nehmen Sie hierzu gerne per E‑Mail Kontakt zu uns auf.
Im Auftrag für den BaT
TÄ Judith Marks mit freundlicher Unterstützung von RA Rainer Kirchhoff (Marburger Bund Niedersachsen)
^1 Größe des Betriebsrates
Die Größe beziehungsweise die Personenzahl des jeweiligen Betriebsrates bemisst sich nach der Anzahl der wahlberechtigten Arbeitnehmenden im Betrieb.
Danach besteht der Betriebsrat
- bei 5–20 wahlberechtigten Arbeitnehmenden aus einer Person;
- bei 21–50 wahlberechtigten Arbeitnehmenden aus drei Mitgliedern;
- bei 51 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmenden aus fünf Mitgliedern;
- bei 101–200 Arbeitnehmenden aus sieben Mitgliedern; etc.
Quellen:
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