Tierärzt:innen verdienen mehr! Eine Gegenüberstellung der Gehaltsmindestempfehlungen
Was ist meine Arbeit als angestellte Tierärztin oder angestellter Tierarzt wert? Ein genauer Blick auf die Mindestgehaltsempfehlungen der verschiedenen Berufsverbände für praktizierende Tierärzt:innen zeigt deutliche Unterschiede. Welchen Einfluss dies einerseits auf die finanziellen Aussichten und andererseits, welche signifikante Bedeutung diese wiederum für die Arbeitsbedingungen und ‑zufriedenheit von Tierärzt:innen haben, wird im folgenden Artikel beispielhaft dargestellt.
Die Rechnung aufgemacht: Ein Vergleich
Nehmen wir an, eine Tierärztin – nennen wir sie Laura — beginnt direkt nach dem Studium mit ihrer Karriere als praktizierende, angestellte Tierärztin und arbeitet ohne Unterbrechungen zehn Jahre lang mit 40 Arbeitsstunden pro Woche.
Laura macht in dieser Zeit viele Fortbildungen und ist eine hervorragende Tierärztin. Ihre Interessen liegen besonders im Bereich Innere Medizin, eine Weiterbildung zur Fachtierärztin oder eine Zusatzqualifikation macht sie nicht.
Laura brennt für ihren Beruf und ihre Patienten. Sie ist selten krank und auch Familienplanung ist bei ihr kein Thema.
Doch wie sich ihr Einkommen in dieser Zeit entwickelt, hängt maßgeblich davon ab, nach welchen Empfehlungen bzw. ob sie nach Tarifvertrag bezahlt wird. Denn das Gehalt steigt bei tarifgebundenen Arbeitnehmer:innen automatisch mit zunehmender Qualifikation bzw. Berufsjahren wohingegen Einzel-Arbeitsverträge dies nicht unbedingt vorsehen. Hier steigt das Gehalt meistens nur, wenn der oder die angestellte Tierärzt:in selbst aktiv wird und eine Gehaltserhöhung aushandelt — im ungünstigsten Fall unserer Beispieltierärztin Laura bleibt das Gehalt langfristig an der Untergrenze der Mindestempfehlung.
Abbildung 1: Gehaltsmindestempfehlungen für den Bruttomonatslohn bei einer 40-Stunden-Woche über die ersten 10 Berufsjahre als Tierärztin oder Tierarzt, Empfehlungen verschiedener Berufsverbände im Vergleich
- Bundesverband der praktizierenden Tierärzte (bpt): Nach den Mindestempfehlungen des bpt würde Laura in zehn Jahren insgesamt 437.628 € verdienen.1 Das entspricht einem durchschnittlichen Stundenlohn von 20,98 €.2
- Bund angestellter Tierärzte e.V. (BaT) – Standards: Wird Laura nach den Empfehlungen des BaT vergütet, beläuft sich ihr Gesamteinkommen über zehn Jahre auf rund 608.054 €. Das ergibt einen durchschnittlichen Stundenlohn von 29,15€.3
- Bund Angestellter Tierärzte e.V. (BaT) – Tarifvertrag: Die besten finanziellen Aussichten hätte Laura bei einer Bezahlung nach dem BaT-Tarifvertrag. Arbeitet sie 10 Jahre lang in einem Angestelltenverhältnis in einer Praxis / Klinik mit Tarifvertrag, liegt das Gesamteinkommen nach zehn Jahren bei 640.057 €, was einem durchschnittlichen Stundenlohn von 30,69 € entspricht.4 Hier ist jedoch wichtig zu erwähnen, dass zur besseren Vergleichbarkeit mit einer Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche gerechnet wurde. Nach dem Muster des aktuellen Tarifvertrages zwischen dem BaT und dem TGZ Lichtenau (Sachsen) ist jedoch eine Vollzeitbeschäftigung auf 38 Stunden pro Woche festgelegt.
Das bedeutet konkret: Laura verdient, wenn Sie nach BaT-Tarifvertrag bezahlt wird, in zehn Jahren 201.963 € mehr als Kolleg:innen, die nach den bpt-Gehaltsmindestempfehlungen entlohnt werden. Ein gravierender finanzieller Unterschied, der entscheidend ist für die Zukunftsplanung: Den Verbleib im Beruf, die Familienplanung, den Lebensstandard und die Sicherheit während der Erwerbstätigkeit und auch den finanziellen Spielraum im Rentenalter.
Abbildung 2: Kumuliertes Bruttoentgelt [€] zum Jahresende über die ersten 10 Berufsjahre als Tierärztin oder Tierarzt nach Gehaltsmindestempfehlungen verschiedener Berufsverbände im Vergleich bei 40 Arbeitsstunden pro Woche
Natürlich verläuft das Leben nicht so gradlinig, wie in unserem Rechenbeispiel. Auch wenn für unsere Tierärztin Laura Familienplanung keine Rolle spielt, ist dies bei einem Großteil der Tierärzt:innen der Fall und verändert dementsprechend die Einkommensstruktur. Auch in der langfristigen Zukunftsplanung ist die Auswirkung von höherem Einkommen auf die Rentenansprüche nicht zu vernachlässigen.
Inflation und die Anpassung der Gehaltsempfehlungen über die Jahre wurden in unserem Gedankenexperiment nicht berücksichtigt. Hier ist anzumerken, dass die Gehaltsmindestempfehlungen bisher in sehr unterschiedlichen Zeitabständen aktualisiert werden, wohingegen im Tarifvertrag eine Anpassung zeitlich fixiert ist und die Zahlungen verbindlich sind.
Warum Zahlen zählen
- Die große Spreizung: Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Gehaltsszenarien sind enorm, wie in Abbildung 2 verdeutlicht wird.
- Der Wert von Tarifverträgen: Ein Tarifvertrag bietet Tierärzt:innen eine verlässliche Grundlage für ihre Vergütung und sorgt für mehr Gerechtigkeit und Verbindlichkeit.
- Die Bedeutung von Erfahrung: Je länger eine Tierärztin oder ein Tierarzt tätig ist, desto größer werden die Unterschiede zwischen den einzelnen Gehaltsszenarien.
- Die Bedeutung von Qualifikation: Je höher sich ein Tierarzt/eine Tierärztin qualifiziert, umso größer ist der Verdienst durch eine festgelegte Eingruppierung im Rahmen von Tarifverträgen.
Fazit oder Warum höhere Löhne notwendig sind
Attraktivität des Berufs: Gute Bezahlung macht den Beruf der Tierärztin und des Tierarztes attraktiver für junge Talente und kann dem Fachkräftemangel entscheidend entgegenwirken.
Wertschätzung: Höhere Löhne spiegeln die hohe Qualifikation und Verantwortung von Tierärzt:innen wider. Auch entgeltwerte Leistungen sind ein Zeichen von Wertschätzung und tragen maßgeblich zur Zufriedenheit der Angestellten bei.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache:
Tierärzt:innen verdienen mehr!
Ein Tarifvertrag ist der Schlüssel zu einer fairen und angemessenen Bezahlung. Nur so können wir sicherstellen, dass die Tiermedizin auch in Zukunft lohnenswert und attraktiv bleibt. Transparenz und Wertschätzung sind der Schlüssel für eine hohe Bindung der Mitarbeitenden an ein Unternehmen und essenziell für die Arbeitszufriedenheit.
Die Studie von Jensen et al (2022)5 zeigt eindrücklich, dass der mediane Stundenlohn bei Tierärzt:innen in Deutschland weiterhin deutlich niedriger ist als in anderen akademischen Berufen. Sie zeigt aber auch, dass sich – ganz langsam – etwas bewegt und dass sich die Arbeitsbedingungen weiter verbessern. Der Stundenlohn der befragten BaT Mitglieder war übrigens durchschnittlich um 1,50 € höher, als der Stundenlohn der anderen Teilnehmenden.
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… und bis zum Jahresende kostenlos profitieren!
Übrigens: Für Studierende und frisch approbierte Tierärzt:innen ist die Mitgliedschaft ganzjährig kostenlos.