Urlaub — die schönste Zeit des Jahres
Nichtstun, die Seele baumeln lassen, endlich mal ausspannen und die leeren Akkus wieder aufladen. Ob nur ein paar Tage oder eine längere Auszeit vom Job — bezahlter Urlaub ist für die Meisten das Beste am Arbeitsleben! Allein die Vorfreude auf den anstehenden Urlaub soll schon positive Effekte haben. Doch wie steht es mit dem Urlaub in der Tiermedizin?
Auszeit, Stressabbau, Burn-out-Prophylaxe!
Die tierärztliche Arbeit ist oft fachlich und emotional herausfordernd und mit einem hohen Stresslevel korreliert. Entspannung sowie Distanzierung von der Arbeit helfen beim Abbau von Stresshormonen, die im Berufsleben täglich ausgeschüttet werden. Durch andauernde und häufige Stresssituationen sind negative Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit möglich (1).
Bökelmann et al. (2024) stellten in ihrer aktuellen Studie (n = 1053) ein erhöhtes Burnout-Risiko in der Berufsgruppe der Veterinäre fest. Jede:r zweite Tiermediziner:in (50,9 %) gab mehrere Burnout-Symptome an. 14,6 % der Studienteilnehmenden wurden von der Autorin in die Gruppe „mit Burnout-Risiko“ eingestuft (2). Dr. Markus Reisner, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, sieht in der Burnout-Prophylaxe regelmäßige und ausreichende Erholungszeiten neben anderen Maßnahmen als wichtige Basis zum Aufladen der Energiespeicher an. In frühen Stadien sei eine gelungene Erholung oft ausreichend, um sich wieder voll zu regenerieren (3).
Gelingt es nicht, einen Burnout abzuwenden, zeigt die Studie von Schwerdtfeger et.al. (4), ein erheblich erhöhtes Risiko für Depressionen, Suizidgedanken und ein erhöhtes Suizidrisiko für Tierärzte im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung.
Branchenvergleich Urlaubstage — Tiermedizin abgeschlagen
Im bundesdeutschen Vergleich haben Arbeitnehmer:innen in Vollzeit durchschnittlich 28,3 Tage Urlaub im Jahr. Im Branchenvergleich können Filialleiter:innen und niedergelassene Mediziner:innen sich über circa 30 Tage freuen, dienstleistende Branchen müssen sich mit den wenigsten Urlaubstagen (23,6 bis 25,9) zufriedengeben (5).
In der Studie von Jensen et al. (2022) mit 1416 befragten angestellten Tierärzt:innen hatten 46,0 % nur 25 oder weniger Urlaubstage, 26,8 % hatten 30 oder mehr Urlaubstage pro Jahr. Nicht kurativ tätige oder an einer Universitätsklinik angestellte Tierärzt:innen hatten in mehr als 50 % der Fälle 30 oder mehr Urlaubstage. Demgegenüber hatten mehr als die Hälfte der Nutztier‑, Gemischt- und Pferdepraktiker:innen nur 25 oder weniger Urlaubstage (6).
Mindesturlaubsgesetz für Arbeitnehmende (Bundesurlaubsgesetz)
Das 1963 in Kraft getretene Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) regelt auch für Veterinärmediziner:innen die Bestimmungen zum Urlaub (7).
Die wichtigsten Inhalte zusammengefasst:
Jede:r Arbeitnehmende hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub (jährlicher gesetzlicher Mindestanspruch: 20 Tage bei einer Fünf-Tage-Woche, 24 Tage bei einer Sechs-Tage-Woche; hierbei ist nicht die tägliche Stundenanzahl, sondern die wöchentliche Anzahl der Tage, an denen gearbeitet wird, ausschlaggebend). Zeitliche Urlaubswünsche der Arbeitnehmenden sind zu berücksichtigen und der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren.
Erreichbarkeit im Urlaub
Eine Erreichbarkeit im Rahmen der vertraglich festgehaltenen Arbeitszeit ist für Tierärzt:innen verpflichtend. Dies gilt jedoch nicht für den Erholungsurlaub, in dem berufsbezogene Anrufe, E‑Mails etc. nicht beantwortet werden müssen. Auch Laptop und Diensthandy dürfen ausgeschaltet werden (8).
Darf ich Urlaub mit in das neue Jahr nehmen?
Im laufenden Kalenderjahr muss der Urlaub gewährt und genommen werden, eine Übertragung auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im folgenden Kalenderjahr muss der Urlaub in den ersten drei Monaten gewährt und genommen werden (7).
Was ändert sich beim Urlaub durch den ersten Tarifvertrag?
Im Tarifvertrag des BaT mit dem TGZ Lichtenau (Sachsen) wurden zusätzlich folgende Vereinbarungen getroffen:
In jedem Kalenderjahr haben Tierärzt:innen Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts von 30 Arbeitstagen bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von fünf Tagen. Bei anderer Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit erhöht oder vermindert sich der Urlaubsanspruch entsprechend. Verbleibt bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet. Der Erholungsurlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt werden und kann auch in Teilen genommen werden. Hierbei wird ein Urlaubsteil von zwei Wochen Dauer angestrebt .
Im Falle der Übertragung muss der Erholungsurlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres angetreten werden. Kann der Erholungsurlaub aus betrieblichen Gründen nicht bis zum 31. März angetreten werden, ist er bis zum 31. Mai anzutreten.
Besonders interessant dürften für Arbeitnehmer:innen die zusätzlich vereinbarten Paragraphen zu den Themen Zusatzurlaub und Sonderurlaub sein:
Tierärzt:innen, die regelmäßig zur Nachtarbeit in Form von Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft, Schicht- oder Wechselschichtdienst herangezogen werden, erhalten pro Kalenderhalbjahr einen Arbeitstag Zusatzurlaub.
Tierärzt:innen können bei Vorliegen eines wichtigen Grundes unter Verzicht auf die Fortzahlung des Entgelts Sonderurlaub erhalten.
Kleiner Reminder: In der von Jensen et al. (2022) veröffentlichten Studie (n=1416) zur Arbeitszufriedenheit angestellter Tierärzt:innen waren Tiermediziner:innen, die mehr Urlaubstage erhielten, signifikant zufriedener (9).
Kostenlose Informationsveranstaltung am 12.06.2024
Wir veranstalten am 12. Juni 2024 ab 19.30 Uhr das interaktive Webinar “Tarifvertrag — Verstehe ich da alles richtig?” und laden alle Interessierten herzlich ein, dabei zu sein. Der Vorstand, das Gremium Tarifvertrag des BaT und die Inhaberin des Tiergesundheitszentrums Lichtenau stehen für die Beantwortung aller Fragen zur Verfügung. Senden Sie uns gerne auch bereits im Vorfeld Fragen an info@bundangestelltertieraerzte.de zu.
Folgende Artikel zum Thema 1. Tarifvertrag des BaT sind bereits erschienen:
- Pressemitteilung
- Der erste Tarifvertrag in der Tiermedizin – was bedeutet das für mich?!
- Wie wird sich der 1. Tarifvertrag auf die Gehälter von angestellten Tierärzten auswirken?
- 38 von 168 — Wochenstunden nach 1. BaT-Tarifvertrag