Wie wird sich der 1. Tarifvertrag auf die Gehälter von angestellten Tierärzten auswirken?
Ab 1. Juni 2024 tritt der erste Tarifvertrag in der kurativen Tiermedizin zwischen dem BaT und dem Tiergesundheitszentrum Lichtenau (Sachsen) in Kraft. In diesem sind die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer:innen und der Arbeitgeberin Nicole Schreiter ebenso geregelt, wie die Gehälter, deren Höhe sich nach der Berufserfahrung und dem Grad der Weiterbildung richtet.
Welches Gehalt verdienen angestellte Tierärzt:innen?
Der durchschnittliche Bruttostundenlohn angestellter Tierärzt:innen lag laut der von BaT und VUK gemeinsam entwickelten Studie „Arbeitsbedingungen und Berufszufriedenheit angestellter Tierärzt:innen in Deutschland 2020“, die im Jahr 2022 in der Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift mit dem Titel “Befragung angestellter Tierärztinnen in Deutschland – Teil 1: Arbeitsbedingungen” veröffentlicht wurde, bei 20,51 €. Dies entspricht einem Bruttomonatsgehalt von ca. 3600€ und einem Bruttojahresgehalt von ca. 42300€ bei einer 40-Stunden-Woche. Zudem bestand eine erhebliche gender pay gap von 18,4%.
Mit diesem Ergebnis konnte Dr. Charlotte Jensen durch die Auswertung von über 1400 Fragebögen belegen, dass Veterinärmediziner:innen einen deutlich geringeren durchschnittlichen medianen Stundenlohn erhielten als Arbeitnehmer:innen anderer akademischer Berufe. Humanmedizinische Kolleg:innen erhielten beispielsweise in einem ähnlichen Zeitraum ein Mediangehalt von jährlich 81.000 €, wobei Assistenzärztinnen als niedrigstes 65.490 € verdienten.
Wie wirkt sich die neue GOT auf die Gehälter angestellter Tierärzt:innen aus?
Im November 2022 trat die neue Gebührenordnung für Tierärztinnen und Tierärzte in Kraft und damit die erste umfassende Anpassung seit 1999. Unklar ist bislang allerdings, inwieweit sich die zusätzlich generierten Einnahmen auf die Gehälter angestellter Tierärzt:innen auswirken. Deren Verbesserung war eines der Hauptziele der Anpassung und wurde in der Einleitung zur Gebührenordnung klar formuliert.
Laut aktuellem TVD-Gehaltsreport 2024 mit über 1500 Teilnehmenden liegt das Bruttomonatsgehalt, ausgehend von einer 40-Stunden-Woche, bei ca. 4300€. Dabei haben lediglich 36% der befragten angestellten Tierärzt:innen seit November 2022 eine Gehaltserhöhung erhalten. Diese fiel mit 325€ im Mittel bescheiden aus und hätte nach Aussage von 73% derer, die sie bekommen haben, ohnehin angestanden. Nur 23% führten sie auf die GOT-Anpassung zurück.
Diese Zahlen belegen, dass die neue GOT mehr als ein Jahr nach ihrem Erlass bisher zu keiner oder nur zu einer geringfügigen Verbesserung der Einkommenssituation angestellter Tierärzt:innen geführt hat.
Betrachtet man die Lohnforderungen von 8–10% in Branchen mit Tarifbindung, angesichts der hohen Inflationsrate in den vergangenen Jahren, um inflationsbereinigt auch einen Reallohnanstieg zu erreichen, nehmen sich die Anpassungen für Tierärzt:innen bescheiden aus und hinken der Teuerungsrate bereits wieder hinterher.
Aktuelle Gehaltsempfehlungen für angestellte Tierärzt:innen
Die Gehaltsempfehlungen der Bundestierärztekammer (BTK), die zuletzt durch einen Beschluss der Delegiertenversammlung 2018 aktualisiert wurden, sehen eine Mindestvergütung von 3.130 € (40h-Woche) als Anfangsgehalt vor und im Anschluss an die Probezeit eine Erhöhung auf den Betrag der Entgeltgruppe E 13 Stufe 1 TVöD Bund (40h-Woche, 4628.76 €, gültig bis Dez. 2024). Spätestens nach fünf Jahren ist eine Anpassung um 30% bezogen auf das Anfangsgehalt vorgesehen.
Die Gehaltsempfehlungen des Bundesverbands praktizierender Tierärzte (bpt) wurden 2022 angepasst. Die Untergrenze für das Einstiegsgehalt in Tätigkeitsgruppe 1 wurde auf 3500€ erhöht, allerdings ist für die ersten fünf Berufsjahre keine nennenswerte Steigerung des Gehalts vorgesehen. Zuschläge gibt es für die Tätigkeitsgruppen 2 und 3 für Übernahme anspruchsvollerer Tätigkeiten, überwiegend im Bereich Chirurgie. Besondere Kenntnisse in anderen Fachgebieten, wie Internistik, Zahnheilkunde etc. finden bislang keine Beachtung. Zudem sind die für Langzeitangestellte vorgeschlagenen Gehaltserhöhungen von 2% pro fünf weiteren Berufsjahren nicht ansatzweise ausreichend, um die steigende Inflation auszugleichen, geschweige denn einen nennenswerten Reallohnzuwachs zu generieren.
Die Mindestgehaltsempfehlungen des Bunds angestellter Tierärzte e.V. wurden im Rahmen der BaT Standards erstmals 2018 veröffentlicht und Anfang 2022 aktualisiert. Die Entgelttabelle sieht für Tierärzt:innen mit Approbation oder Berufserlaubnis nach sechs Monaten eine Erhöhung des Mindest-Einstiegsgehalts von 3710 € auf 4.102,20€ und weitere Steigerungen mit wachsender Berufserfahrung vor. Kolleg:innen mit Zusatzbezeichnung und Fachtierarzt/Diplomate-Titel erhalten durch Eingruppierung in die Stufen TÄ2 bzw. TÄ3 entsprechend höhere Gehälter.
Welche Gehälter wurden im Tarifvertrag vereinbart?
Im ersten Tarifvertrag der kurativen Tiermedizin wurde ein Entgelt entsprechend der Entgelttabelle der BaT Standards vereinbart. Die BaT-Standards legen eine 40-Stunden-Woche zugrunde, wohingegen im Tarifvertrag eine 38-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich verhandelt wurde.
Daraus ergibt sich ein höherer Stundenlohn bei Bezahlung nach Tarifvertrag. Analog zu den BaT Standards erfolgt eine automatische Gehaltssteigerung mit steigender Berufserfahrung nach festgelegten Intervallen. Weiterbildungen, wie Zusatzbezeichnung, Fachtierarzt und Diplomate führen zu einer höheren Eingruppierung und damit einer besseren Entlohnung.
Tarifvertrag BaT — TGZ Lichtenau | |||
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Stufe | Berufsjahr | Monatsgehalt (brutto) | Stundenlohn (brutto) |
TÄ 1 (Approbation oder Berufserlaubnis) | |||
Stufe 1A | bis 1/2 | 3.710,00€ | 22,45€ |
Stufe 1B | ab 1/2 | 4.102,20€ | 24,83€ |
Stufe 2 | 2–3 | 4.558,00€ | 27,59€ |
Stufe 3 | 4–5 | 4.922,64€ | 29,79€ |
Stufe 4 | 6–8 | 5.378,44€ | 32,55€ |
Stufe 5 | Ab 9 | 5.834,24€ | 35,31€ |
TÄ 2 (mit Zusatzbezeichnung) | |||
Stufe 1 | 1 | 4.922,64€ | 29,79€ |
Stufe 2 | 2–3 | 5.378,44€ | 32,55€ |
Stufe 3 | 4–5 | 5.834,24€ | 35,31€ |
Stufe 4 | 6–8 | 6.290,04€ | 38,07€ |
Stufe 5 | Ab 9 | 6.563,52€ | 39,72€ |
TÄ 3 (mit Fachtierarzttitel, Diplomate Titel, Diplomates mit Berufserlaubnis) | |||
Stufe 1 | 1–3 | 6.198,88€ | 37,52€ |
Stufe 2 | 4–6 | 6.745,84€ | 40,83€ |
Stufe 3 | Ab 7 | 7.475,12€ | 45,24€ |
Bereitschaftsdienste werden zu 100 % als Arbeitszeit vergütet. Bei Rufbereitschaften werden nur die tatsächlichen Einsatzzeiten bezahlt. Die Anordnung von Rufbereitschaften ist allerdings lediglich dann möglich, wenn nur in Ausnahmefällen Arbeit anfällt.
Zum Ausgleich für die Bereitschaft, an Sonn‑, Feiertagen, Wochenenden und nachts zu arbeiten, wurden zusätzlich zum Entgelt folgende Zeitzuschläge festgelegt:
Arbeitsleistung | Ausgleich | |
---|---|---|
a | für Überstunden | 15 v.H. |
b | für Nachtarbeit | 30 v.H. |
c | für Sonntagsarbeit | 35 v.H. |
d | bei Feiertagsarbeit | |
— ohne Freizeitausgleich | 150 v.H. | |
— mit Freizeitausgleich | 50 v.H. | |
e | für Arbeit | |
- am 24. Dezember ab 6 Uhr | 35 v.H. | |
- am 31. Dezember ab 6 Uhr | 35 v.H. | |
f | für Arbeit an Samstagen von 13 — 21 Uhr | 30 v.H. |
Im Tarifvertrag wurden aber nicht nur attraktive Gehälter festgeschrieben. Durch diesen sind nun z.B. auch Dienstlängen von bis zu 12 Stunden und Rufbereitschaften von bis zu 24 Stunden möglich, die die Abdeckung des Notdienstes deutlich vereinfachen.
Wie kann ich als angestellte Tierärztin mehr verdienen?
Optimal wäre der Abschluss weiterer Tarifverträge, die nicht nur für Arbeitgebende hilfreiche, längere Arbeitszeiten als im Arbeitszeitgesetz festgeschrieben ermöglichen, sondern auch eine angemessene Entlohnung und gute Arbeitsbedingungen für die angestellten Tierärzt:innen sicherstellen und so dem Fachkräftemangel entgegenwirken können.
Da die meisten angestellten Kolleg:innen in Praxen und Kliniken bislang noch nicht unter attraktiven Tarifbedingungen arbeiten, ist das Gehalt weiterhin individuelle Verhandlungssache.
Falls nicht bereits vorgesehen, sollten regelmäßige Gehaltsgespräche eingefordert werden. Essentiell dabei ist, sich seines eigenen Wertes bewusst zu werden. Tierärzt:innen haben einen der anspruchsvollsten Studiengänge absolviert und verdienen ein angemessenes Gehalt.
BaT-Mitglieder erhalten viele weitere Anregungen für die Vorbereitung des Gehaltsgespräches in unserem Online-Seminar “Verdiene ich genug? Unsere Tipps rund um die Gehaltsverhandlung”, das im internen Mitgliederbereich der Homepage als Aufzeichnung zur Verfügung steht.
Zudem veranstalten wir jedes Jahr das für Mitglieder kostenlose Online-Seminar “Mehr Netto vom Brutto”, in dem der Steuerexperte unseres Partners vetax® verschiedene steuerlich attraktive Ergänzungen zum Gehalt vorstellt.
Und noch ein weiterer Grund, um jetzt Mitglied zu werden:
Laut der Studie von BaT und VUK verdienten BaT-Mitglieder durchschnittlich 1,50€ mehr Stundenlohn.
Kostenlose Informationsveranstaltung am 12.06.
Wir veranstalten am 12. Juni ab 19.30 Uhr das interaktive Webinar “Tarifvertrag — Verstehe ich da alles richtig?” und laden alle Interessierten herzlich ein, dabei zu sein. Der Vorstand, das Gremium Tarifvertrag des BaT und die Inhaberin des Tiergesundheitszentrums Lichtenau stehen für die Beantwortung aller Fragen zur Verfügung.
Folgende Artikel zum Thema 1. Tarifvertrag des BaT sind bereits erschienen:
- Pressemitteilung
- Der erste Tarifvertrag in der Tiermedizin – was bedeutet das für mich?!
- Wie wird sich der 1. Tarifvertrag auf die Gehälter von angestellten Tierärzten auswirken?
- 38 von 168 — Wochenstunden nach 1. BaT-Tarifvertrag
Quellen