Das Gremium Berufspolitik berichtet vom bpt Kongress 2021
Bpt-Kongress „Live Career Day“ 2021
Lesen Sie hier den zweiten Teil der Zusammenfassung zu den spannenden Beiträgen, die unser Gremium Berufspolitik aufmerksam verfolgte.
“Ideen zu modernen Beschäftigungsverhältnissen von Tierärzt:innen”
Herr Gereon Viefhues, Klinikleiter der Tierklinik Ahlen (AniCura), teilt Ideen für ein modernes Beschäftigungsverhältnis von Tierärzt:innen.
Aktuelle Entwicklungen
Die medizinische Entwicklung würde besser werden und damit stiegen auch die Erwartungen der Tierhalter:innen. Dafür würde aber zusehends mehr Kommunikation von Nöten sein. Und diese koste Zeit.
Im Gegenzug herrsche aber ein immer größerer Fachkräftemangel. Dies läge auch an anderen Familien- und Lebensentwürfen, aufgrund welcher viele junge Tierärzt:innen aus dem Beruf fernblieben und es zunehmend ältere, angestellte Tierärzt:innen gäbe.
Strukturelle Hürden
Herr Viefhues zählt einige Nachteile unserer Branche auf. Dazu gehören der steigende Patientendruck, das Fehlen von flexiblen Arbeitszeiten, Schwierigkeiten, das Arbeitszeitgesetz einzuhalten, fehlende Digitalisierung und die immer noch zu wenig angebotenen Teilzeitstellen.
Lösungsvorschläge
Herr Viefhues präsentierte ebenfalls seine Lösungsvorschläge. Für die einzelne Praxis gebe es viele Ideen, die im Team bei einem Brainstorming gesammelt werden könnten. Diese sollten von dem/ der Arbeitgeber:in aufgeschrieben und aufgegriffen und dann durchdacht werden, was umsetzbar sei und was nicht.
Was könne neu kreiert werden? Hier nannte er das Stichwort “New Work”. Die Praxisabläufe könnten neu strukturiert werden. Was könnten beispielsweise die TFA’s übernehmen? Blutabnahmen oder Beratungsgespräche zu Themen wie Ekto- und Endoparasitenprophylaxe würden die Sprechstunde immens entlasten.
Auch das Home-Office könne eingeführt werden. Beratungsgespräche mit den Tierhalter:innen könne man als Tierärzt:in auch von zu Hause aus führen. Genauso wie die beratende Begleitung neuer junger Kolleg:innen beim Einarbeiten.
Die Sprechstunden könnte man effektiver mit agilen Arbeitsbesprechungen gestalten. Es können kleinere Teams gebildet werden, die ihre Arbeit zusammen planen und Probleme so leichter lösen könnten.
Schlussappell
Herr Viefhues schließt mit einem Appell ab. Oft höre man noch, dass der zu hohe Arbeitsdruck verhindere, dass neue Ideen umgesetzt werden. Da müsse sich dringend etwas ändern.
“Zwischen Anerkennung, Lob und Haltung — wie genau funktioniert Wertschätzung im Alltag?”
Kathrin Siemer, Geschäftsleitung und Verantwortliche für Klinik- und Personalmanagement der Tierklinik Lüsche, startete mit klaren Worten: Wichtig sei die innere Haltung, denn gesprochenes Lob sei nicht gleich Anerkennung.
Man müsse seine Mitarbeiter:innen kennen und auch private Fragen stellen können. Nur wenn man sich mit seinen Mitarbeiter:innen beschäftige, wisse man, was sie als Individuum wollten und brauchten.
Lob und Anerkennung
Man solle unbedingt die Ideen der Angestellten anhören, denn diese arbeiten schließlich an der Front. Wertschätzung resultiere daraus, wenn genau solche Ideen gehört und umgesetzt werden.
Einen weiteren wichtigen Tipp gab Frau Siemer noch auf den Weg. Man solle Lob niemals mit der Gießkanne verteilen. Beispielsweise „Ihr seid ein tolles Team; heute hat es gut geklappt; etc.“ Individuelles persönliches Lob sei ein deutlich besseres Tool!
„Was kostet eine Tierarztstunde?“
Hans-Peter Ripper, Diplom-Betriebswirt und betriebswirtschaftlicher Berater des bpt, informierte, wie man sinnvoll errechnen kann, was die Zeit als Tierärzt:in eigentlich wert ist. Einfach einen einheitlichen GOT-Satz für verschiedene Leistungen festzulegen, sei nicht sinngemäß und in manchen Fällen auch schlichtweg nicht lohnend, startet der Betriebswirt seinen Diskurs.
Aufstellung der Kosten
Im ersten Schritt müsse eine Aufstellung aller anfallenden Kosten erfolgen: zu den buchhalterischen Kosten gehören z.B. die Gehälter der Angestellten, Geräte- und Raumkosten, KFZ-Kosten und Versicherungen. Dazu kämen die außerbuchhalterischen Kosten: Unternehmer:innenlohn, Abschreibungen, Eigenkapitalzinsen und auch ein eingeplanter Gewinn.
Der Minutenfaktor
Diese Kosten müssen auf die berechenbare Zeit umgelegt werden, nur so komme die Praxis „auf ihre Kosten“. Dazu brauchen wir den Minutenfaktor.
Wenn man dann wisse, was die Minute unserer Arbeitszeit wert ist, können Leistungen je nach Zeitaufwand besser eingeordnet werden. Indem man den Minutenfaktor mal die Leistungsdauer nehme, erhalte man den kostendeckenden Leistungspreis. Daraus allein ergebe sich schon, dass es keinen einheitlichen Gebührensatz geben könne.
Der Auslastungsfaktor
Wichtig sei aber zusätzlich noch, dass jetzt die verrechenbaren Gesamtkosten auch auf die produktive Zeit der Mitarbeiter:innen umgelegt werden. Diese beträgt bei acht Stunden Arbeitszeit meist fünf Stunden. Das würde bedeuten: Die Gesamtkosten werden durch die Anzahl der produktiv verkauften Stunden geteilt. Dieses Ergebnis sei dann wieder durch 60 zu teilen, um den Minutenfaktor umgelegt auf die produktive Arbeitszeit zu erhalten.
Der Auslastungsfaktor der Arbeitenden, also die produktive Zeit einer/eines Tierärzt:in sollte bei 64–70% liegen. Der Auslastungsfaktor könne während der Arbeit probeweise für jede:n Tierärzt:in erfasst werden.
Anmerkung des BaT: Nach einem ähnlichen Prinzip kann man übrigens als angestellte:r Tierärzt:in auch das einem zustehende Gehalt, gemessen am Umsatz, ausrechnen. Sie sind neugierig geworden? Für weitere Informationen schreiben Sie einfach eine E‑Mail an: info@bundangestelltertieraerzte.de
Wir danken unserem Gremium Berufspolitik vielmals für die interessante Zusammenfassung.
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