Hart aber fair
Statement zu den Differenzen zwischen dem Bund angestellter Tierärzte e. V. (BaT) und dem Bundesverband praktizierender Tierärzte e. V. (bpt) zum Antrag auf Beobachterstatus in der Bundestierärztekammer

Statement des bpt
Passend zum Tag der Arbeit veröffentlichte der Geschäftsführer des Bundesverbands praktizierender Tierärzte e. V. (bpt), Heiko Färber, ein Statement, in dem er den Bund angestellter Tierärzte e.V. (BaT) angreift. Der BaT sei nicht vertrauenswürdig, sondern unseriös, habe bisher keinen Tarifvertrag, der diesen Namen verdient, abgeschlossen, sei kein seriöser Tarifpartner, wolle die Verhandlungspartner an der Nase herumführen, gebe in einem Rundumschlag dem bpt die Schuld für die erneute Ablehnung des Beobachterstatus in der Bundestierärztekammer (BTK), „bashe“ diejenigen, die seriöse berufs- und tarifpolitische Arbeit machen, bekomme es nicht hin, einen „echten“ Tarifvertrag abzuschließen…
Überhaupt fehle es an Selbstkritik und es sei dem BaT mehr an schnellen Schlagzeilen zur Gewinnung neuer Mitglieder gelegen. Als BaT-Mitglied müsse man hinterfragen, was das für eine Gewerkschaft sei, die es seit 10 Jahren nicht schafft, einen Tarifvertrag abzuschließen. Als Positivbeispiel wurde demgegenüber die vertrauensvolle Tarifpartnerschaft zwischen dem bpt und dem Verband tiermedizinischer Fachberufe e.V. (VMF) dargestellt.
Vorausgegangen waren dem Statement ein Artikel auf der Homepage des BaT zu den Hintergründen der erneuten Ablehnung des Beobachterstatus bei der Frühjahrsdelegiertenversammlung der BTK und ein kritischer Kommentar zum Thema von Christiane Nastarowitz-Bien in der Aprilausgabe der VetImpulse.
Keine Angst vor einem öffentlichen Diskurs
Vielen Dank Heiko Färber. Als BaT sind wir sehr an einer offenen Diskussion interessiert. Das ist weder ironisch noch polemisch gemeint. Eine breite offene Diskussion der Themen unseres Berufsstandes, war ein Grund für den Antrag des BaT auf den Beobachterstatus in der BTK.
Wäre nicht erneut geheim abgestimmt worden, hätte dieses einen Austausch darüber ermöglicht, wer aus welchen Gründen eine Teilhabe der über 1000 Mitglieder des BaT in der BTK ablehnt. Es hätte sich gezeigt, ob diese Ablehnung auf sachlichen Argumenten oder auf Lobbyinteressen beruht. Und die Zustimmung zum Beobachterstatus hätte zu einer stärkeren Berücksichtigung der Interessen angestellter Tierärzt:innen innerhalb der BTK führen können.
Echte und falsche Tarifverträge
Zum Vertrauensverhältnis im Hinblick auf die zunächst gescheiterten und jetzt wieder aufgenommenen Tarifverhandlungen zwischen dem bpt und dem VMF, sollte am besten der VMF selbst Stellung beziehen.
Zur Existenz oder Nichtexistenz eines Tarifvertrages des BaT der Hinweis, es gibt keine echten und unechten Tarifverträge. Es handelt sich um einen Haustarifvertrag zwischen dem BaT und einer Einheit, der acht Jahre nach der Gründung des BaT als Novum in der kurativen Tiermedizin geschlossen wurde, eine Laufzeit bis Ende Mai 2026 hat und der auf unserer Homepage für jeden einsehbar ist.
Ob es die fehlende Seriosität des BaT und die Sorge „an der Nase herumgeführt zu werden“ ist, die dazu führen, dass weder die Corporates noch der VUK bislang in Tarifverhandlungen mit dem BaT eingestiegen sind? Das sollte man genau die Betreffenden fragen, z.B. das neu gewählte Präsidium des VUK, mit dem der BaT in vertrauensvoller, konstruktiver Zusammenarbeit 2021/22 eine gemeinsame Studie zu „Arbeitsbedingungen und Arbeitszufriedenheit angestellter Tierärzt:innen“ erstellt hat.
Lieber gar keine Tarifverträge
Ist es nicht eher das Fehlen eines Arbeitgebenden-Verbandes in der Tiermedizin, der gemäß der in Deutschland bestehenden Tarifautonomie Verhandlungsinteresse zeigen könnte? Die Bereitschaft zu Gesprächen, zum Austausch, wurde von Seiten des BaT immer wieder erneuert. Das demonstrative Desinteresse und die Unwissenheit zu Möglichkeiten und Vorteilen von Tarifverträgen irritiert.
Der BaT kann auch in 100 Jahren niemanden zwingen, Tarifverträge abzuschließen, solange bei den Arbeitgebenden kein Wille dazu besteht. Anscheinend ist der Druck von der Arbeitnehmendenseite, gestärkt durch die mittlerweile zahlenmäßige Überlegenheit und den steigenden Fachkräftemangel, noch nicht groß genug, um es alternativlos zu machen, auf Augenhöhe zu verhandeln.
Übrigens wäre hier ein anderer Vergleich bezüglich Tarifbindung bestimmter Berufe zielführender gewesen und hätte die Notwendigkeit von Tarifverträgen für die Tiermedizin besser illustriert. Hätte Herr Färber hier nicht Anwälte oder Steuerberater, sondern notdienstleistende Berufe genannt, wäre die Frage gewesen, wer davon außer Tierärzt:innen arbeitet eigentlich ohne Tarifvertrag?
Bislang hofften Arbeitgebende Tarifverträge durch eine vom bpt immer wieder in Aussicht gestellte Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes für Tierärzt:innen, ohne Zugeständnisse und Zulagen zu umgehen. Dieses wurde sogar ohne Berücksichtigung der Interessen angestellter Tierärzt:innen gemeinsam mit der BTK als „Wunsch der Tiermedizin“ an die Politik herangetragen. Und mit dem Regierungswechsel hofft man nun auf die Einführung einer Wochenarbeitszeit, um den starren Regelungen des bisherigen Arbeitszeitgesetzes zu entgehen. Gerne wieder zum Nulltarif. Letztendlich geht es hier also nicht um eine Aversion gegen den BaT, sondern schlicht ums Geld.
Fragliche Schlussfolgerungen
Dass Tarifverträge nicht mehr in die Zeit passen und sich die Gehälter ohne diese schneller verbessern, ist das abschließende Statement von Heiko Färber. Dieses ist durch nichts belegt. Jüngere Studien aus der Branche fehlen, allerdings zeigt die Statistik der Bundesagentur für Arbeit von 2024, dass der positive Anstieg der Gehälter in der Tiermedizin in den letzten Jahren immer noch nicht dazu geführt hat, dass ein vergleichbares Niveau wie in anderen Engpassberufen erreicht wurde. Es besteht immer noch Nachholbedarf.
Sorge macht zudem, dass die Kurve nach der GOT-Erhöhung 2022 nicht steiler einsteigt, was zu erwarten und Intention der Anhebung der GOT war, sondern abflacht. Was geschieht da gerade? Wie soll dieses gegenüber der Politik bei der Evaluierung der GOT, die 2026 ansteht, kommuniziert werden?
Transparenz und Kontrolle
Die Umstrukturierung der Branche ist laut Faktencheck des Tierärzte Atlas in vollem Gange. 1000 große Einheiten beschäftigen 50% der Angestellten in der Tiermedizin und machen bereits 50% des gesamten Umsatzes aus. Während in anderen Ländern die Marktmacht der großen Unternehmen längst im Visier der Kartellaufsicht ist, rätselt man in Deutschland immer noch, wer überhaupt hinter welcher immer neuen „Kette, Family, Partnerschaft, Investorengruppe“ steckt. Hier fehlt die dringend benötigte Transparenz, bevor der Markt komplett aufgeteilt ist und die Bedingungen diktiert werden. Hier ist die BTK gefragt, mehr Transparenz und Kontrolle einzufordern.
Für die Arbeitnehmenden bedeuten die Veränderungen einerseits mehr Professionalisierung, andererseits aber auch Herausforderungen wie Arbeitszeitflexibilität, Hierarchien und die Gefahr, in der Masse unterzugehen. Betriebsräte und Tarifverträge sind hier unverzichtbare Instrumente, um faire Arbeitsbedingungen, gerechte Bezahlung und Wertschätzung zu sichern – gerade in einer Branche im Wandel.
Änderung der Diskussionskultur
Diese Diskussionen sollten geführt werden. Öffentlich, kontrovers, ohne Maulkorb, ohne dem Gegenüber fehlende Seriosität und Integrität vorzuwerfen und Eigeninteressen zu verbergen. „Quo vadis- Tiermedizin?“, das Motto des vierten Arbeitskreises des letzten Deutschen Tierärztetages, muss weiterverfolgt werden. Auch die Ergebnisse der „AG-Zukunft“ der BTK verdienen, beachtet und umgesetzt zu werden. Den Datencheck dazu liefert ein kontinuierlich neu aufgelegter Tierärzte Atlas, der von allen Verbänden und den Kammern unterstützt wird.
Die Zeiten, in denen nur die Perspektive eines Berufsverbandes Gültigkeit hat, sind vorbei!
Der aktuelle Disput zwischen dem BaT und dem Bundesverband praktizierender Tierärzte e. V. ist ein deutliches Zeichen dafür, dass in unserer Branche noch viel Raum für offene Diskussionen und gemeinsame Lösungen besteht.
Lassen Sie uns also den Blick nach vorne richten: auf Dialog, auf den Ausgleich unterschiedlicher Interessen und auf eine Branche, in der jeder Tierärztin und jedem Tierarzt die Wertschätzung zuteilwird, die sie verdienen. Denn nur gemeinsam können wir die Herausforderungen der Zukunft meistern – mit einem Lächeln, einem offenen Ohr und dem Mut, auch mal kontrovers zu diskutieren.