Komplexer als Social Media
Facebook-Post zur Kündigung des BaT-Tarifvertrages

Am 7.5.2025 irritierte ein Post unserer Tarifpartnerin, der Inhaberin des TGZ Lichtenau, Nicole Schreiter Kolleginnen und Kollegen, die auf Facebook unterwegs waren. Darin heißt es, an den BaT gerichtet: „Postet ihr eigentlich auch was dazu, dass ich den TV mit euch gekündigt habe? Der Abschluss wurde natürlich weit verbreitet.“
Die Antwort des BaT ist ein Verweis auf §32 im gültigen Tarifvertrag:
„(2) Dieser Tarifvertrag kann von jeder Tarifvertragspartei mit einer Frist von drei Monaten zum Schluss eines Kalenderhalbjahres schriftlich gekündigt werden, frühestens jedoch zum 31. Mai 2026.“
Tarifvertrag gültig bis 31. Mai 2026
Zur Beruhigung aller nach dem Tarifvertrag beschäftigten Mitarbeitenden im TGZ Lichtenau, dieser gilt vollumfänglich bis zum 31. Mai 2026. Will heißen, die Kündigung des Tarifvertrages durch die Arbeitgeberin hat aktuell eher symbolischen Charakter als tatsächliche Konsequenzen.
Der 31. Mai 2026 wurde im Einvernehmen beider Tarifparteien gewählt, da dieser Tarifvertrag ein Novum in der kurativen Praxis ist und die Möglichkeit geschaffen werden sollte, damit zu arbeiten und Erfahrungen zu sammeln. Bleibt die Frage, warum Nicole Schreiter diesen unkonventionellen Weg und provokanten Ton gewählt hat und warum sie die Kündigung bereits jetzt geschrieben hat.
Wasser auf die Mühlen derer, die ohnehin versuchen den BaT-Tarifvertrag als nicht gültig und den BaT als unseriös darzustellen, siehe “Hart aber fair”. Doch Häme ist hier unangemessen, steht doch gerade erst, lange nach Ablauf des regulär geltenden Tarifvertrages zwischen dem Bundesverband praktizierender Tierärzte e.V. und dem Verband medizinischer Fachberufe e.V., ein erster Termin für erneute Verhandlungen. Einen erfolgreichen Abschluss nach den zwischenzeitlichen abgebrochenen Gesprächen gibt es auch hier noch nicht.
Hinter den Kulissen
Häufig sind die Hintergründe komplexer als in einem Facebook-Post darstellbar. Nach Eigenaussage von Nicole Schreiter gegenüber dem BaT, hat sie den Tarifvertrag „aus einer Laune heraus“ gekündigt, weil sie verärgert über die Unterstützung des BaT für einen neu gegründeten Betriebsrat in einer anderen Einheit war, in der sie im Hintergrund tätig ist.
Mitglieder des BaT aus dem Betriebsrat hatten sich an den BaT-Vorstand gewandt, da sie sich an ihrer Betriebsratsarbeit gehindert fühlten. Durch die bereits eingetretene Eskalation auf Betriebsebene mahnte der BaT Arbeitnehmende und Arbeitgebende zurück auf die Sachebene zu kehren und einen lösungsorientierten Ansatz zu suchen.
In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass die Behinderung von Betriebsratsarbeit nach §78 Betriebsverfassungsgesetz unzulässig und nach §119 einen Straftatbestand darstellt.
Wahrung der Arbeitnehmenden-Rechte
Besorgniserregender als die eigentliche Kündigung des Tarifvertrages, die der Arbeitgeberin freisteht, ist, dass sie sich einreiht in eine Kette von Ereignissen, die Zweifel an der grundlegenden Kenntnis der Arbeitnehmenden-Rechte auf Seiten einzelner Arbeitgebender aufkommen lässt.
Anlässlich des ersten Streiks in der Tiermedizin durch die tiermedizinischen Fachangestellten im Verband medizinischer Fachberufe e.V., mussten Arbeitgebende durch den Berufsverband praktizierender Tierärzte e.V. und die Tierärztekammern erst massiv aufgefordert werden, jegliche Bedrohung mit Repressalien, bis hin zur Kündigung ihrer Mitarbeitenden, zu unterlassen. Deren Recht, für bessere Arbeitsbedingungen, höhere Gehälter und den Erhalt ihres Tarifvertrages, zu streiken, schien einzelnen Arbeitgebenden völlig unbekannt.
Der Wert und die Vorteile von Tarifverträgen in notdienstleistenden Berufen für beide Seiten werden immer noch infrage gestellt. Lieber wählen einzelne Arbeitgebende die Illegalität, mit Arbeitszeiten über das Arbeitszeitgesetz hinaus, hoffen auf Gesetzesänderungen oder befinden sich mit Ausnahmegenehmigungen in der Grauzone.
Und auch das Recht eines jeden Arbeitnehmenden, nach den Vorgaben des Betriebsverfassungsgesetzes einen Betriebsrat zu wählen oder sich in diesem zu engagieren, scheint in der Tiermedizin noch nicht selbstverständlich. Wiederholt erreichen den BaT Hinweise von Kolleg:innen, die aus Angst vor Nachteilen für ihre Person und ihre Karriere, auf die Gründung eines Betriebsrates lieber verzichten.
Antiquierte Vorgehensweisen
Die Kündigung des Tarifvertrages durch Nicole Schreiter bedauert der BaT. Diese führt nicht dazu, dass wir uns darin beirren lassen, angestellte Tierärzt:innen in ihrem rechtmäßigen Anspruch auf Mitbestimmung, Teilhabe und der Wahrung ihrer Arbeitnehmenden-Rechte zu unterstützen. Versuche, sie dafür zu disziplinieren und ihre gewerkschaftliche Vertretung vorführen zu wollen, sollten der Vergangenheit angehören.
Liebe Arbeitgebende, dieses ist keine Generalverurteilung, kein an- den- Pranger- stellen der überwiegenden Anzahl guter, engagierter Inhaber: innen, Chefs und Chefinnen, die jeden Tag zusammen mit den Mitarbeitenden in ihren Teams wertvolle Arbeit am Tier leisten, gute Arbeitsplätze zur Verfügung stellen, angemessene Gehälter zahlen und eine Kultur der Wertschätzung leben. Für ernsthaft interessierte Arbeitgebende steht der BaT zu Gesprächen über Tarifverträge gerne zur Verfügung.