Küche, Kinder, Kleintierpraxis – das Berufsbild des bpt Präsidenten Dr. Moder? Teil 1
Als Interessensvertretung der angestellten Tierärzte/innen in Deutschland bezieht der Bund angestellter Tierärzte e.V. (BaT) zur Sendung des Bayrischen Rundfunks zum Tierarztmangel in der Nutztierpraxis, in dem sich der bpt- Präsident Dr. Moder und seine Frau äußern, wie folgt Stellung:
Mit großer Betroffenheit haben wir die Darstellung der heutigen Generation angestellter Tierärzte, aber insbesondere der Frauen unseres Berufsstandes in diesem Beitrag wahrgenommen. Bereits der Eingangssatz des BR, dass das Problem des Tierärztemangels dadurch zustande kommt, dass „immer weniger Männer diesen Beruf ergreifen“ ist eine völlig falsche Analyse der aktuellen prekären Situation. In allen Bereichen der Tiermedizin, nicht nur bei den Großtieren bzw. auf dem Land, herrscht Nachwuchsmangel, sprich die Arbeitgeber finden immer schlechter Angestellte. Dies ist aber keinesfalls ein „Geschlechter“- Problem wie im Beitrag dargestellt, sondern eine komplexe Entwicklung aus der seit Jahren für Akademiker unterdurchschnittlichen Bezahlung der praktizierenden Tierärzte (teils unter Mindestlohn) und einer häufig unmöglichen Vereinbarkeit von Familie und Beruf (und das ist wohlgemerkt nicht nur für Frauen ein Problem!). Schlechte Work-Life-Balance, Nicht- Beachtung des Arbeitszeitgesetzes (nicht „Arbeitszeitschutzgesetz“) an vielen Arbeitsstellen und generell eine geringe Wertschätzung der tierärztlichen Arbeit durch Kunden, Öffentlichkeit und Politik bedingen ihr Übriges.
Folgendes gilt es zudem in diesem Kontext zu bedenken: Das Arbeitszeitgesetz stammt aus dem Jahr 1994 und galt immer schon uneingeschränkt auch für angestellte Tierärzte – seit über 24 Jahren. Nur gab es bisher kaum Kontrollen. Diese fanden und finden erst in jüngster Zeit und in Kombination mit Überprüfungen zur Einhaltung des Mindestlohnes statt. Es ermittelt nun häufiger der Zoll und zieht das Gewerbeaufsichtsamt hinzu.
Von daher zieht es immer mehr Tierärzte aus der Praxis oder sie schlagen gleich nach dem Abschluss eine Parallelrichtung in Industrie, Futtermittelbranche, Veterinäramt oder Forschung/Lehre ein. Auch der Behauptung, dass 25% aller Absolventinnen „heiraten und eine Familie gründen“ und somit „dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen“, wie Dr. Moder es darstellt, fehlt jegliche Grundlage bzw. sollte vom Präsidenten des Bundesverbandes praktizierender Tierärzte zumindest mit Quellen belegt werden.
Vielmehr lässt es die Frauen unseres Berufsstandes so dastehen, als ob viele nach dem Studium die „Flucht in die Frucht“ ergreifen, sich vom Partner aushalten lassen und für den Rest ihres Lebens vom Arbeitsmarkt verschwinden. Vielmehr ist es aber so, dass Frauen im tierärztlichen Beruf durch ein häufig ausgesprochenes Beschäftigungsverbot bei einer Schwangerschaft sehr frühzeitig aus der praktischen Arbeit aussteigen müssen und sich anschließend mit Still- und Erziehungszeiten ungewöhnlich lange Berufspausen ergeben. Da dann oftmals der Wiedereinstieg in den Beruf durch die Arbeitszeiten (lange Sprechstunde, Notdienste, Rufbereitschaft) mit Kindern in Vollzeit schlichtweg nicht machbar ist und das Gehalt ohnehin meistens deutlich schlechter ist, als jenes des Partners, werden die Frauen regelrecht in eine jahrelange Teilzeittätigkeit gezwungen.
Diese wiegt aktuell jedoch nicht einmal die Kosten der Kinderbetreuung auf und wird damit unlukrativ. Die Aussage von Kollegen Dr. Moder als Vertreter des bpt, dass Frauen ja auf „flexible Arbeitszeiten“ bestehen würden und „die Selbstständigkeit scheuen“ erscheint aus unserer Sicht unreflektiert. Nicht zuletzt spiegelt zudem die Feststellung, dass seine weiblichen Angestellten „spontan im Notfall aushelfen“ leider eine weit verbreitete Haltung gegenüber weiblichen Kollegen und der Wertschätzung ihrer Arbeit wider.
Warum schaffen es andere Branchen – insbesondere unsere Humankollegen – Teilzeitmodelle und Arbeitszufriedenheit zu etablieren? Sind dort möglicherweise die für Arbeitgeber und Arbeitnehmer klaren Regelungen in puncto Arbeitszeit, Gehalt und die deutlich früher erkannte Feminisierung ein Grund? Diese klaren Regeln – auch mit Zugeständnisse für die Arbeitgeber in Form von Lockerungen bei den Ruhezeiten und der Freigabe von mehr als acht Stunden Schichten, die ggf. für Teilzeitkräfte auch interessant sind – sind auf einen Tarifvertrag zurückzuführen ‑allein Tarifverträge ermöglichen diese klar geregelten berufsspezifische Ausnahmen. Leider existiert ein Tarifvertrag bisher in der Tiermedizin noch nicht.
Stattdessen hat sich sogar die Bundestierärztekammer beim Deutschen Tierärztetag 2018 in Dresden für Sonderregelungen – genauer gesagt eine Lockerung – des Arbeitszeitgesetzes nur für Tierärzte stark gemacht. Das heißt, es soll möglichst alles beim Alten bleiben. Auch von dieser Seite können also weibliche Tierärzte keine Unterstützung erwarten. Der Bund angestellter Tierärzte e.V. hat sich deswegen bereits in einem Offenen Brief an die Politik gegen die Beschlüsse des Deutschen Tierärztetags positioniert.
Wir machen uns damit dafür stark, dass der Sinn von „work-life-balance“ von einem auf Entscheidungsebene noch „männlich und über 50“ dominiertem Berufsstand endlich verstanden wird. Damit „workaholic“ als Krankheitsbild und nicht als Vorbild verstanden wird.
Warum das Arbeitszeitgesetz nicht für Arbeitgeber gilt, wie sich die Arbeitsmotivation steigern ließe und was damit „häufigeres Haarewaschen“ oder das „Geschubst- werden“ zu tun haben, lesen Sie in Kürze im 2. Teil.
Gleichzeitig möchte der Bund angestellter Tierärzte e.V. Sie als Kolleginnen und Kollegen ‑sollten Sie die Ansichten des bpt-Präsidenten Dr.Moder nicht teilen – motivieren, diese Herausforderungen jetzt gemeinsam in Angriff zu nehmen und sich durch eine Mitgliedschaft im Bund angestellter Tierärzte e.V. zu engagieren, für die Zukunft unseres Berufsstandes.
Gemeinsam mehr erreichen!
Der Vorstand des Bunds angestellter Tierärzte e.V.