Zusammenfassung der Pressekonferenz vom 25.03.2021
Am 25.03. stellten BaT und VUK gemeinsam die von beiden Verbänden entwickelte Studie „Arbeitsbedingungen und Berufszufriedenheit angestellter Tierärzt:innen in Deutschland 2020“ vor. Die von Dr. Charlotte Jensen ausgewerteten Fragebögen von über 1400 Umfrageteilnehmenden zeigen ein Bild der aktuellen beruflichen Situation von Arbeitnehmer:innen in der Tiermedizin.
Notwendigkeit der Studie
Der Wandel hin zum Arbeitnehmer:innenmarkt und die damit einhergehenden zunehmenden Schwierigkeiten der Arbeitgeber:innen Personal zu finden, machte diese Studie dringend notwendig. Ziel war es, Ursachen für diese Entwicklungen herauszufiltern, damit Mängel bei den derzeitigen Arbeitsbedingungen behoben werden und Arbeitgeber:innen Handlungsempfehlungen bekommen, mit welchen Maßnahmen sie die Berufszufriedenheit ihrer angestellten Tierärzt:innen verbessern können.
Bericht zur Konferenz
Im Rahmen einer Online Pressekonferenz mit über 140 Teilnehmer:innen wurden die Ergebnisse vorgestellt, Statements seitens des VUK und BaT abgegeben und Raum für Diskussion geboten. Sehr freuten wir uns über die Teilnahme von Vertreter:innen des bpt, BTK, selbstständigen sowie angestellten Tierärzt:innen, Studierenden der Tiermedizin und Pressevertreter:innen.
Hier möchten wir die wichtigsten Erkenntnisse abbilden und Schlussfolgerungen ziehen. Die komplette Studie selbst wird in naher Zukunft veröffentlicht, wo alle Ergebnisse nochmals detailliert nachgelesen werden können.
Arbeitszufriedenheit
Gefreut haben wir uns über die Tatsache, dass viele der Teilnehmenden ihre Zufriedenheit im Beruf mit einem „gut“ oder „sehr gut“ bewertet haben. Jedoch ist die immer noch hohe Unzufriedenheit in den ca. 30% der Antworten, die die Noten 4 bis 6 vergeben haben, klar erkennbar. Dieser Anteil ist zu hoch und die weiteren Studienergebnisse lieferten genügend Gründe, warum dies leider immer noch die aktuelle Situation widerspiegelt.
Stundenlohn und Gender-Pay-Gap
Der Stundenlohn beträgt durchschnittlich 20,51€, inklusive aller Zusatzleistungen. Wobei dieser bei nicht-kurativ tätigen Tierärzt:innen höher liegt.
Erschreckend war der Anteil von 1,5% der Kolleg:innen, die immer noch unter dem Mindestlohn arbeiten. In Verbindung mit der Gender-Pay-Gap von 18% bei Berufseinsteiger:innen (dies entspricht 3,60€ mehr Stundenlohn für Tierärzte), sind das zwei Ergebnisse, worüber man im Jahre 2021 nur noch den Kopf schütteln kann.
Promotion und Internships zeigten keine signifikante Besserung hinsichtlich der Entlohnung. Teilnehmende mit einer BaT-Mitgliedschaft erhielten durchschnittlich 1,50€ mehr Stundenlohn. Das zeigt, wie wichtig Verhandlungsgeschick, eine klare Gehaltsvorstellung und die Rückendeckung einer Arbeitnehmer:innen-Vertretung ist.
Zuschläge
Verbesserungswürdig waren auch die Zuschläge bei Nacht- und Wochenenddiensten und Unterstützung für Fortbildungen. Während nur gut die Hälfte der Befragten angaben, zusätzliche Leistungen für Dienste zu erhalten, gaben 20% an, keinerlei Fortbildungstage zu bekommen. Die Motivation seines Teams aufrechtzuerhalten, sollte oberste Priorität haben. Förderung von Weiterbildungen und eine (finanzielle) Anerkennung von Nacht- und Wochenenddiensten bieten sich dafür an.
Arbeitszeitverstöße
Inakzeptabel waren die Verstöße gegen rechtliche Vorschriften, die sich durch die Studienergebnisse abzeichneten. Im Kleintierbereich gaben 1% eine vertraglich festgelegte wöchentliche Arbeitszeit von über 48 Stunden an. Bei den anderen Tierarten waren es sogar 8–11%. Hinweise auf Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz boten 40% der beschriebenen Dienstmodelle, nach denen die Teilnehmenden arbeiteten.
Wünsche
Das Abschlussstatement des VUK lieferte eine gute Zusammenfassung, auf was Arbeitgeber:innen Wert legen sollten. Arbeitnehmer:innen wünschen sich mehr Leitung und Struktur, Mitarbeitergespräche und Anerkennung. Die gewünschte höhere Entlohnung setzt aber auch einen größeren finanziellen Spielraum von Arbeitgeber:innen voraus.
Anerkennung
Der BaT erkennt einen positiven Trend der Arbeitssituation von Tierärzt:innen. Arbeitgeber:innen müssen Instrumente zur Bindung und Entwicklung von Mitarbeiter:innen erkennen und nutzen. Finanzielle Anerkennung ist schön und gut, aber das Lob und die moralische Unterstützung darf nicht unterschätzt werden und ist ein wichtiger Zufriedenheitsfaktor für Angestellte. Die ersten fünf Berufsjahre sind ausschlaggebend für die berufliche Zukunft der jungen Tierärzt:innen und deren Verbleib auf dem Arbeitsmarkt.
Die oben erwähnten Verstöße gegen geltende Gesetze müssen der Vergangenheit angehören. Gesetzeskonforme 24/7 Öffnungszeiten sind nur mit einem 3‑Schicht-System, was oft mit einer fraglichen Umsetzbarkeit aufgrund des herrschenden Personalmangels einhergeht, oder einem Tarifvertrag zu leisten.
Tarifvertrag
Dieser war auch in der folgenden Diskussionsrunde ein häufig angesprochenes Thema. Erwähnt wurde der an Unikliniken bestehende Tarifvertrag, welcher aber keine verbesserte Zufriedenheit der Arbeitnehmer:innen mit sich bringt und die Frage, ob Dienste über die Höchstarbeitszeit des Arbeitszeitgesetzes hinaus sinnvoll wären. Gerne verweisen wir dabei auf unsere Artikel zum Thema auf unserer Webseite.
Wir wissen, dass ein Tarifvertrag viele Herausforderungen mit sich bringt. Deswegen arbeiten wir als Arbeitnehmer:innen-Vertretung derzeit mit dem VUK zusammen, um einen Kompromiss zu finden und einen Tarifvertrag zu erstellen, der den speziellen Anforderungen unseres Berufes – hier im Spezialfall Kleintierklinik – gerecht wird. Wenn mehr Arbeitgeber:innen sich in Verbänden organisieren und unserer Einladung zu einer Kooperation folgen würden, könnten wir gemeinsam einen Tarifvertrag erarbeiten, der alle glücklich macht.
Nur damit werden wir eine Chance haben, die immer weiter aufklaffende Lücke im Arbeitnehmer:innenmarkt zu schließen und eine zukunftsfähige tiermedizinische Versorgung unserer Patient:innen zu gewährleisten.
Eine Übersicht ausgewählter Folien sowie die Statements beider Parteien sind hier zu finden.
Im Januar 2022 erfolgte die erste Veröffentlichung mit dem Titel “Befragung angestellter Tierärztinnen in Deutschland – Teil 1: Arbeitsbedingungen” in der Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift.
Wir danken herzlichst Dr. Charlotte Jensen, dem Präsidium des VUK und unserem Gremium Tarifvertrag, die diese Studie entwickelt, durchgeführt, ausgewertet und in eine präsentierbare Form gebracht haben.