Wie steht es um den veterinärmedizinischen Arbeitsmarkt?
Das Gremium Berufspolitik des BaT war für Sie aktiv und hat sich die Vorträge und Battles beim Live Career Day des bpt-Kongresses 2020 ganz genau angehört. Für alle, die nicht dabei sein konnten, gibt es im Folgenden kurze Zusammenfassungen der Battles und Vorträge rund um das Thema Arbeitsmarkt in der Tiermedizin. Der Live Career Day beschäftigte sich außerdem mit Themen rund um den Einstieg in das Berufsleben und die Zusammenarbeit von Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen und sprach somit alle tiermedizinischen Kolleg:innen, ob Absolvent:in, Praxisinhaber:in oder Widereinsteiger:in gleichermaßen an. Auch das Thema Tarifvertrag in der Tiermedizin wurde rege diskutiert.
“Battle: Gemischtpraxis oder Spezialklinik?”- Dr. Nina Küke vs. PD Dr. Andreas Palzer
In diesem Battle erörterten Dr. Nina Küke und PD Dr. Andreas Palzer die Vorteile dieser beiden Praxismodelle.
Als Vorteile der oft ländlich gelegenen Gemischtpraxen nannte Küke die Abdeckung der Notfallversorgung aller Tierarten, den Nutzen der interdisziplinären Denkweise für die eigene Arbeit und eine wirtschaftliche Absicherung durch mehrere Standbeine. Palzer war der Meinung, die größer werdenden rechtlichen Anforderungen sowie das wachsende Wissen in jedem Fachbereich, erforderten heutzutage eine Spezialisierung, um ausreichend fachlich fundierte Diagnosen stellen zu können. Außerdem gäbe es immer mehr Großbetriebe in der Landwirtschaft, die nur hochqualifizierte Tierärzt:innen suchten, während kleinbäuerliche Betriebe hingegen merklich weniger würden. Hier setzte Küke entgegen, dass die zunehmende Hobbyhaltung von Nutztieren wie Minipigs, Alpakas und Hühnern weiterhin nach ortsnahen, breit ausgebildeten Tierärzt:innen verlangte.
Während Palzer eine hohe Arbeitszufriedenheit aus seiner Qualifikation zieht, schätzt Küke vielmehr das Vertrauensverhältnis aus ihren langjährig etablierten Kundenbeziehungen.
Im Endeffekt sind sich beide einig, dass beide Praxisformen notwendig seien und sich ebenfalls gegenseitig ergänzten, auch wenn es die Berufsanfänger:innen immer häufiger zu Spezialkliniken hinziehe, in denen sie eine Fachtierarztausbildung absolvieren können.
Beide stellten außerdem fest, dass Student:innen immer verunsicherter aus dem Studium kämen und sich weniger zutrauten, weil sie das Gefühl verspüren, dem Wissensstand nicht gerecht zu werden.
Als Takeaway für angestellte Tierärzt:innen: Gemischtpraktiker:innen müssten mutiger sein und sich mehr zutrauen als ihre spezialisierten Kolleg:innen. Es sei außerdem normal und verständlich, dass man etwas verunsichert aus dem Studium gehe.
“Studio- Live- Talkrunde: Personal 5.0- Wie bestehe ich als Praxis/ Klinik im umkämpften Tierärzte- Arbeitsmarkt heute, morgen, in 2030?”
Unter der Leitung von Prof. Dr. Christoph Schönfelder (Professur an FOM Hochschule in Dortmund im Bereich Personal- und Organisationsentwicklung) diskutierten Stefanie Machoi (Mitglied der Geschäftsleitung der Tierklinik Oberhaching- Bereiche Personal, kaufmännische Verwaltung und Kommunikation), Carla Naumann (Country Manager DACH von AniCura), Dr. Katrin Huhn (Oberärztin und Teil des erweiterten Leitungsteams der Kleintierklinik Frankenthal), Dr. Dirk Remien (Präsident des Verbunds unabhängiger Kleintierkliniken (VUK) und Leiter der Kleintierklinik Lüneburg) und Prof. Dr. Thomas Göbel (Studiendekan und Fachtierarzt für Immunologie an der LMU München) über die heutigen sowie zukünftigen Bedürfnisse von Arbeitnehmer:innen.
Schönfelder warf immer wieder schmissige und provokative Fragen auf und berichtete anekdotisch, dass aus den Freundeskreisen seiner Frau, die ebenfalls Tierärztin sei, keine Person aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen mehr praktisch tätig sei.
Dennoch lieferte die einstündige Diskussion keine wirklich neuen Erkenntnisse von der Arbeitgeberseite. Es wurde viel davon geredet, dass sich die Tiermedizin in einem Transformationsprozess befände, man Mitarbeiter:innen mehr wertschätzen und Gespräche mit ihnen suchen solle, um zu wissen, was sie bewege. Alle stimmten zu, dass in den letzten Jahren schon viel passiert sei und dass Anstellungen in Kliniken attraktiver gestaltet werden müssen (Stichwort Gegenleistung zu Nacht- und Notdiensten), um letztlich Mitarbeiter:innen halten zu können.
Die Debatte zeigte ebenfalls, dass die Arbeitgeberwelt aufhorcht, indem es öffentlichkeitswirksame Diskussionen über den Erhalt der Begeisterung ihrer Angestellten gibt. Die Diskussion stimmt übereinstimmend ähnliche Töne an. Die Teilnehmer:innen geben sich offen und veränderungsentschlossen gegenüber einem Wandel im Arbeitgeber:in- Arbeitnehmer:inverhältnis.
Wir als BaT laden weiterhin dazu ein, mit uns als Arbeitnehmervereinigung direkt in Kontakt zu treten. So könnten auf diese netten sowie einstimmenden Worte für Arbeitnehmer:innen auch zeitnah konkrete Taten folgen.
“Employer Branding: Was macht meine Praxis aus?- Warum sollen Tierärztinnen/ Tierärzte in meine Praxis/ Klinik kommen?”
In Ihrem Vortrag erläuterte Lisa-Maria Viefhues, Employer Brand Managerin in der Tierklinik Ahlen, die Bedeutung der Außenwahrnehmung von Tierkliniken und Praxen durch mögliche Bewerber:innen. Am Beispiel der Tierklinik Ahlen veranschaulichte sie Strategien zur Analyse des Arbeitsumfeldes und ‑klimas sowie zur nachfolgenden Definition einer eigenen Arbeitgebermarke. Sie empfahl allen Arbeitgeber:innen soziale Medien und ihre Webseiten zu nutzen, um Bewerber:innen einen ehrlichen Einblick in die Arbeitsrealität ihres Teams zu geben. Dies erleichtere die Orientierung und helfe den Arbeitgeber:innen gute Tierärzt:innen sowie Tiermedizinische Fachangestellte zu finden und zu binden. Eine schnelle und zuverlässige Bearbeitung von Bewerbungen und Fragen sei heute wichtig, da die Bewerber:innen ansonsten schlicht und einfach wieder weg wären.
Wir begrüßen den Trend, dass die Bedeutung einer guten Arbeitsatmosphäre aktuell mehr in den Fokus der Arbeitgeber:innen rückt.
“Virtual Recruiting: Videobewerbung, Chats, etc.- wie gehe ich richtig mit Bewerbern um?”
Dieser Beitrag von Leona Kringe, Tierärztin und Business Coach bei vetstage und ihrem Kollegen Christopher Waldner, richtete sich vielmehr an die Arbeitgeber:innen im Publikum und brachte einen Überblick in die „moderne“ Art der Bewerbung. Kringe verfolgt das Ziel, Verständnis für die aktuellen Herausforderungen des Arbeitsmarktes zu geben, Einblick in ein digitales Personalmanagement zu liefern und Impulse für ein optimiertes Bewerbungsmanagement zu geben.
In Zeiten des Fachkräftemangels und des spürbaren demografischen Wandels müssten Arbeitgeber:innen sich darüber klar sein, wie sie eine:n Bewerber:in direkt vom ersten Kontakt an für sich gewinnen und das Interesse aufrechterhalten könnten. Stichwort hier war der #dawillichhinarbeitgeber. Kringe erläuterte ein paar Do’s und Dont’s des Bewerbungsprozesses und mit Beispielen wie „Ihr Kunde ist bei Ihnen König? = Ihr potenzieller neuer Mitarbeiter ist es auch!“ zeigte sie, dass heutzutage die Bewerber:innen klar im Vorteil seien und sich Arbeitgeber:innen mit einigen Tipps und Tricks von anderen Jobangeboten abheben könnten.
In Kürze veröffentlichen wir als Abschluss unserer Berichte zum bpt-Kongress eine Zusammenfassung des hoch interessanten Battles “Brauchen wir einen Tarifvertrag?” zwischen dem 1.Vorsitzenden des BaT Dr. Christian Wunderlich und Dr. Bodo Kröll, Mitglied des bpt-Präsidiums und Inhaber des Fachtierarzt-Zentrums für Kleintiere in Erfurt.
Bleiben Sie dran!
Das Gremium Berufspolitik
Für den BaT