Battle: Brauchen wir einen Tarifvertrag?
Während alle Themen des Live Career Days des bpt-Kongresses 2020 für die Tiermedizin relevant waren, legten wir ein besonderes Augenmerk auf das „Battle“ zum aktuellen Thema Tarifvertrag, an dem unser 1.Vorsitzender Dr. Christian Wunderlich teilnahm. Sein Opponent war Dr. Bodo Kröll, Inhaber des Fachtierarzt-Zentrums für Kleintiere in Erfurt, Vorsitzender des bpt-Landesverbands Thüringen und Mitglied des bpt-Präsidiums.
Die Gehaltsfrage bei Berufseinstieg
Der Moderator Heiko Färber eröffnete die Diskussion mit der Frage nach dem Anfangsgehalt, was einen großen Sorgenfaktor für frisch approbierte TierärztInnen darstellen würde.
Kröll führte an, dass das Mindestgehalt für TierärztInnen durch den bpt stetig angepasst würde und nicht das Einstiegsgehalt, sondern die Perspektive auf ein höheres Gehalt zähle. Außerdem müssten sich junge TierärztInnen erst einmal beweisen, bevor sie adäquat bezahlt werden könnten.
Wunderlich konterte treffend, dass genau eine solche Einstellung zum Abwandern des Nachwuchses in Industrie, Labore und den öffentlichen Dienst führen würde. Dort erhielte man von Anfang an ein viel höheres Gehalt.
Klare Forderungen erwünscht
Einig waren sich die Kontrahenten beim Wunsch nach klareren Forderungen von angestellten TierärztInnen zu Anfangsgehalt, Dienstplanungen und anderen Regelungen. Kröll meinte, dass er sich erst dann mit den BewerberInnen über diese Themen auseinandersetzen würde, wenn konkrete Vorstellungen dazu vorhanden wären. Wunderlich erwähnte hierzu, dass ein Tarifvertrag diese Punkte enthalten würde.
Was beinhaltet ein Tarifvertrag?
Dabei kam bei Färber die Frage auf, was in einem Tarifvertrag denn genau geregelt wäre. Offensichtlich besteht häufig die Annahme, dass es dort rein ums Gehalt gehen würde. Wunderlich verwies auf die rechtlich geprüften BaT Standards, die auf der BaT Homepage einsehbar seien. Er sprach eine herzliche Einladung an ArbeitgeberInnen wie ArbeitnehmerInnen aus, sich mit diesen auseinanderzusetzen. Denn dort sei klar erkennbar, dass nur ein Paragraph von vielen sich um das Gehalt drehe und ein Tarifvertrag sehr viel mehr umfassen würde.
Thema Arbeitszeitflexibilisierung
Ein weiterer großer Themenkomplex der Diskussion war das Arbeitszeitgesetz und das Bestreben des bpt zu einer Arbeitszeitflexibilisierung. Die Grundfrage von Wunderlich war, wie derzeit Notdienste überhaupt geleistet werden könnten, ohne gegen das Arbeitszeitgesetz zu verstoßen.
Kröll gab zu, dass er bzw. allgemein unsere Branche erst vor zwei Jahren vom Arbeitszeitgesetz gehört hätten und dementsprechend aufgefallen war, dass die Dienste nicht mehr ohne Verstöße gegen dieses zu stemmen waren. Als Lösung des Problems sehe er die Arbeitszeitflexibilisierung.
Kröll stellte bei der örtlichen Behörde einen Antrag dazu, was laut ihm „viel Kummer und eine intensive Überprüfung“ nach sich zog. Nun setze sich, so Kröll weiter, der bpt bundesweit für die Flexibilisierung ein.
Wunderlich entgegnete, dass eben genau die Arbeitszeitflexibilisierung durch einen Tarifvertrag im Einvernehmen von ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen geregelt werden könnte. Wenn klare Grenzen von Überstunden und Diensten und deren Vergütung festgelegt wären, würden TierärztInnen wissen, was auf sie zukäme und könnten dann eher einer längeren Arbeitszeit zustimmen. Dazu stellte Wunderlich auch fest, dass die Tiermedizin der einzige notdienstleistende Berufsstand ist, der bisher keinen solchen Vertrag hat.
Abschluss-Statement
In den letzten Minuten der Diskussion kam Kröll zu einem Abschluss-Statement. Er wäre gegen einen Tarifvertrag, denn dieser würde „uns noch weiter binden, wir werden noch mehr Probleme haben Fachkräfte zu finden und auch gut zu bezahlen“. Woraufhin Wunderlich ein einfaches „Warum?“ entgegnete. Dies wurde in dem knapp 40 Minuten langen „Battle“ leider nicht beantwortet.
Die Bewertung des „Battles“ durch die ZuschauerInnen ging mit 70:20, bei 10% neutralen Stimmen, eindeutig zu Gunsten von Christian Wunderlich aus.
Für alle, die sich weiter in das Thema einlesen möchten, gibt es einen ausführlichen Artikel über die aktuelle Situation in der Tiermedizin und die Vorteile eines Tarifvertrages für ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen.
An dieser Stelle wiederholt der BaT seine Einladung an Arbeitgebervertretungen, sich mit uns in Verbindung zu setzen, damit wir einen Tarifvertrag entwickeln, der ArbeitnehmerInnen, wie ArbeitgeberInnen zufrieden stellt.
November, 2020
Gremium Berufspolitik des BaT
Hier geht es zu weiteren Battles und Vorträgen des bpt-Kongresses 2020 mit den Themen
ArbeitgeberInnen/ArbeitnehmerInnen, Berufseinstieg und tierärztlicher Arbeitsmarkt.